25.03.2020
„Wir sind bereit zu unterstützen“
Jugendclub Kurti bietet Nachbarschaftshilfe in Bautzen an
Lea ist Schülerin und engagiert sich beim Jugendclub Kurti in Bautzen. Als der Jugendclub am 16. März erfuhr, dass er vorerst geschlossen wird, starteten die Mitglieder die Nachbarschaftshilfe „Kurti hilft“. Ziel dieser Initiative ist es, eine Unterstützung für Menschen aus Risikogruppen anzubieten. Sie organisieren Einkäufe, gehen mit dem Hund spazieren oder unterstützen bei der Kinderbetreuung.BfDT: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eine Nachbarschaftshilfe in Bautzen zu gründen?
Lea: Als wir am Montag erfuhren, dass wir den Jugendclub schließen müssen, stellten wir uns sofort die Frage: Was machen wir jetzt? Wir sind Schülerinnen und Schüler oder auch Auszubildende. Unsere Schulen und Ausbildungsstätten sind geschlossen. Wir haben also Zeit. In der Vergangenheit haben wir von der Nachbarschaft zudem viel Unterstützung erfahren. Diese möchten wir jetzt gerne zurückgeben.
BfDT: Am Anfang war es zunächst eine Idee. Wie habt ihr es geschafft, eure Idee zu verwirklichen?
Lea: Wir starteten zunächst mit einer Gruppe, die aus 15 Personen bestand. Wir recherchierten und stellten fest, dass es bislang nur eine Facebook Gruppe (Nachbarschaftshilfe Corona Bautzen) gab. Unsere Überlegungen, eine Nachbarschaftshilfe zu organisieren, teilten wir anschließend mit den jugendlichen Besucherinnen und Besuchern des Clubs. Da wir uns nicht treffen konnten, diskutierten wir die Nachbarschaftshilfe in einer WhatsApp-Gruppe und erweiterten so unseren Kreis. Wir haben einen Flyer erstellt, auf dem unser Angebot und unsere Kontaktdaten stehen und ihn online gestellt, aber auch an die Wohnhäuser in der Nachbarschaft gehängt. Außerdem haben wir mit unserem Vermieter, einer Wohnungsbaugenossenschaft, gesprochen. Die Mitarbeiter/-innen der BWB Bautzen waren so freundlich und haben unseren Flyer auch in anderen Mietshäusern ausgehangen. Auf dem Flyer und online stehen unsere Kontaktdaten. Eine Person des Organisationsteams ist für die Beantwortung der Anrufe zuständig, ich persönlich kümmere mich um die eingehenden Mails. Anfragen und sonstige wichtige Punkte leiten wir in die WhatsApp-Gruppe weiter. Es ging alles sehr schnell. Die Idee entstand am Montag, ab Mittwoch gab es die Nachbarschaftshilfe bereits.
BfDT: Welche Dienste bietet ihr an?
Lea: Wir sind für alle Kleinigkeiten, die irgendwie erledigt werden müssen, da. Das kann ein Einkauf sein, die Organisation von Kinderbetreuung oder auch ein Spaziergang mit dem Hund.
BfDT: Welche Wünsche habt ihr als Initiative?
Lea: Ich habe das Gefühl, dass sich derzeit viele Menschen nicht trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich muss sagen, es läuft viel langsamer an als gedacht. Wir bekommen beispielsweise noch sehr zögerlich Anfragen. Ich würde mir wünschen, dass die Leute an ihren eigenen Schutz denken und die Hilfe annehmen. Niemand muss sich schämen, dass er oder sie zu einer Risikogruppe gehört und auf Hilfe angewiesen ist. Ich würde mir aber auch wünschen, dass Leute den Mut haben, anderen Menschen zu helfen. Selbst wenn die Person die Hilfe ablehnen sollte, hat man es wenigstens versucht und ist aufmerksam gewesen. Gegenseitige Unterstützung ist das Wichtigste in dieser Zeit.
BfDT: Habt ihr Tipps für andere Gruppen, die etwas Ähnliches organisieren möchten?
Lea: Habt keine Angst! Wenn ihr euch engagieren möchtet, dann startet etwas. Es benötigt nicht viel: Ältere Leute telefonieren lieber als eine Mail zu schreiben. Organisiert euch also eine Handynummer oder verwendet eure eigene Nummer. Hängt Flyer aus und verbreitet diese in der Nachbarschaft. Außerdem kann es nicht schaden, sich mit anderen Ortsgruppen zusammen zu tun und abzusprechen, wer welche Nachbarschaft übernimmt. So wird kein Ort vergessen. Habt auch keine Scheu, euch an den/die Bürgermeister/-in zu wenden. Er/Sie kann euch helfen, die Informationen weiter zu verbreiten. Sehr viele Menschen wollen helfen, wissen aber nicht, an wen sie sich wenden können.
BfDT: Welche Rolle sollte das Ehrenamt in Zeiten von Corona spielen?
Lea: Ich wünsche mir, dass das Ehrenamt ernst genommen wird. Wir beanspruchen kein Geld, wir erwarten nicht viel, aber wir würden uns eine Wertschätzung für unser Engagement wünschen. Es geht um gegenseitige Unterstützung und Respekt im Miteinander. In einer Zeit wie dieser ist die ehrenamtliche Arbeit, neben den systemrelevanten Berufen, eine der wichtigsten Aufgaben in unserer Gesellschaft. Viele Ehrenamtliche sorgen dafür, dass niemand vergessen wird und es allen so gut wie möglich geht. Dies sollte man auch so gut es geht unterstützen.
Kurti ist ein selbstverwalteter Jugendclub in Bautzen. 15 Jugendliche im Alter von 15 bis 25 Jahren organisieren regelmäßig Veranstaltungen und engagieren sich für die Jugendbeteiligung vor Ort. Die Mitglieder möchten den Jugendlichen eine Stimme in der Stadt geben. Auch wenn sie derzeit keine Veranstaltungen organisieren können, bleiben sie weiterhin aktiv: Durch Messenger stehen sie im ständigen Kontakt mit ihren Besucher/-innen und planen zukünftige Aktionen.