24.11.2017
"Selbstverständnis Minderheiten" am 2. November 2017 in Minden
„Eine erfolgreiche Minderheitenpolitik trägt dazu bei, dass nationale Minderheiten sich selbst als gleichberechtigten Teil der Gesellschaft sehen.“
Am 2. November hatte der Verein „Deutscher Sinti e.V. Minden“ zur Veranstaltung „Selbstverständnis Minderheiten“ in das gut gefüllte Bildungszentrum "Mer Ketne Wir zusammen!" nach Minden eingeladen. Es konnten neben Hartmut Koschyk, ehemaliger Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, auch weitere interessante Gäste begrüßt werden – unter anderem Romani Rose (Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma), Ulrieke Schulze (stellvertr. Bürgermeisterin Minden) und Dr. Gregor Rosenthal (Leiter Geschäftsstelle BfDT).„Eine erfolgreiche Minderheitenpolitik trägt dazu bei, dass nationale Minderheiten sich selbst als gleichberechtigten Teil der Gesellschaft sehen und von der Mehrheitsbevölkerung als selbstverständlicher Teil des Staatsvolkes wahrgenommen werden“, erklärte Hartmut Koschyk zu Beginn. Dass bis zum beschriebenen Selbstverständnis der nationalen Minderheit Sinti und Roma in Deutschland jedoch auch weiterhin noch viel zu tun bleibt, wurde im Verlauf der Veranstaltung deutlich. In seinem Vortrag führte Hartmut Koschyk weiter aus, dass sich die Rechte und die Anerkennung der Sinti und Roma zwar – insbesondere durch die Hilfe des Zentralrates der Sinti und Roma und den engagierten Einsatz Romani Roses – in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert hätten, es aber gleichzeitig immer noch zu viele Anfeindungen gegenüber Sinti und Roma gäbe.
In der anschließenden Podiumsdiskussion zeigte auch Oswald Marschall, Gründer des Bildungszentrums und Organisator der Veranstaltung, gemischte Gefühle. Einerseits gab er sich optimistisch, da er im Gegensatz zu früher für Sinti und Roma heute in Deutschland eine Perspektive sähe. Er selbst war als Sinto erfolgreicher Profiboxer für die deutsche Nationalmannschaft. Traurig mache ihn andererseits, dass nach jahrhundertelanger Tradition der Sinti und Roma in Deutschland viele aus Angst vor Diskriminierung versuchten, ihre Identität geheim zu halten und sich die Mehrheit der Deutschen keine Sinti und Roma als Nachbarn wünsche.
Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der Sinti und Roma, bekundete Besorgnis bezüglich des Status der Sinti und Roma als nationale Minderheit in Hinblick auf das Ergebnis der letzten Bundestagswahl und dem damit verbundenen aufkommenden Rechtspopulismus. Er betonte die Relevanz, sich an demokratische Spielregeln – das Grundgesetz – zu halten. Ansonsten sehe er nicht nur Gefahr für Sinti und Roma als Minderheit, sondern für alle als Gesellschaft.
Auf Grund der bestehenden und wachsenden Gefahr des Antiziganismus in Deutschland waren sich die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion einig, dass sich Politik, Kirche und Zivilgesellschaft dem entgegenstellen müssen. Besonders effektiv, so Dr. Gregor Rosenthal, wäre es, konkrete Formate zu finden, die zur Situation passen und die Unterstützung der Stadt Minden erhalten würden. Das BfDT könnte dann diese Formate durch inhaltliche Unterstützung und Vernetzung weiter fördern. Auf neue Ideen zur Unterstützung von Sinti und Roma in Minden wurde ergänzend im abschließenden Round Table eingegangen und damit ein konkreter Beitrag zur Bekämpfung von Antiziganismus beigetragen.