17.03.2016
Interview mit Weltreise durch Wohnzimmer
Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, öffnen für zwei Stunden ihr Wohnzimmer und berichten bis zu zehn Interessierten von sich, ihrer Familie und ihrem Geburtsland – das ist die Weltreise durch Wohnzimmer. Das Projekt gibt es bereits seit 2011, der dazugehörige gemeinnützige Verein Weltreise durch Wohnzimmer e.V. wurde 2015 gegründet.Catrin Geldmacher hatte in Rheda-Wiedenbrück die Idee zu diesem Friedensprogramm, das seitdem immer weitere Kreise zieht.
Interview mit Catrin Geldmacher
Welche Ziele hat Weltreise durch Wohnzimmer?
Durch die Begegnung auf Augenhöhe im Wohnzimmer hören die Menschen einander zu und beginnen den Standpunkt des Gegenübers besser zu verstehen. Wenn wir einander verstehen, ist harmonisches Miteinander viel besser möglich. Dass in vielen deutschen Städten Menschen aus über 100 unterschiedlichen Ländern wohnen, wissen wir seit Jahren, doch noch immer leben Menschen unterschiedlicher Kulturen oft nebeneinander her und nicht wirklich miteinander. Durch die familiäre Atmosphäre im Wohnzimmer des „Reiseleiters“, der nicht in Deutschland geboren ist und viel vom Alltag seines Geburtslandes zu erzählen hat, stellt sich schnell das Gefühl von Nähe zwischen den Reiseleitern und den Reisenden ein.
Wie kann man sich eine „Weltreise“ vorstellen?
Wer sich für andere Menschen und ihre Erzählungen interessiert, bucht eine zweistündige Weltreise durch Wohnzimmer über einen „Reiseveranstalter“ wie Volkshochschulen oder das Haus der Familie. Eine Woche vor der Reise bekommt der „Reisende“ die Adresse vom „Reiseleiter“ mitgeteilt und findet sich ein paar Minuten vor dem angegebenen Reisebeginn vor dem Wohnhaus des Reiseleiters ein. Dort trifft er auf weitere Reisende – meisten bis zu zehn Personen. Pünktlich zum Reisebeginn klingeln die Reisenden bei ihrem Reisleiter und die Reise beginnt. Der Reiseleiter erzählt von sich, seiner Familie und seinem Geburtsland, zeigt Familienfotos und bietet meisten auch ein heimisches Häppchen an. Gegen Ende der Reise erhalten alle einen Weltreise durch Wohnzimmer-Stempel in ihre extra angefertigten Reisepässe. Viele Reisende verspüren direkt bei der ersten Reise Lust, sich demnächst wieder am Wohnort zu anderen Reisleitern ins Wohnzimmer zu begeben.
Wie ist die Idee entstanden?
Ich bin Deutsch als Fremdsprache Lehrerin und habe 2011 meine irakischen Deutschschüler in ihrem „irakischen“ Wohnzimmer in Rheda-Wiedenbrück besucht. Der zweistündige Besuch, während dem meine Deutschschüler viel von sich, ihrer Familie und ihrem Herkunftsland erzählten, war für mich ein einschneidendes Erlebnis. Ganz direkt von ihrer Lebenseinstellung und den kulturellen Traditionen zu hören, faszinierte mich dermaßen, dass ich herauszufinden wollte, ob es nicht noch mehr Menschen gibt, die gerne für zwei Stunden ihr Wohnzimmer öffnen möchten und welche, die Interesse haben, in fremde Wohnzimmer am Wohnort zu reisen.
Wen wollen Sie mit dem Verein erreichen?
Hauptsächlich haben wir zwei Zielgruppen: 1. Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind und gerne von sich, ihrer Familie und ihrem Geburtsland erzählen möchten und 2. Menschen, die sich für diese Berichte interessieren.
Aus den schon gelaufenen 225 Wohnzimmerreisen weiß ich, dass die Reiseleiter sehr stolz sind, von ihrem Leben erzählen zu dürfen. Durch die Weltreise durch Wohnzimmer haben sie sich bewusster mit ihrer Herkunft auseinandergesetzt und teilweise sogar Freunde unter den Reisenden sowie unter den Reiseleitern gewonnen.
Welche weiteren Veranstaltungen und Projekte sind für die Zukunft geplant?
Nach und nach interessieren sich mehr und mehr Städte dafür, die Weltreise durch Wohnzimmer auch bei sich anzubieten. Bisher haben in 41 Städten schon Reiseleiter ihr Wohnzimmer für zwei Stunden geöffnet.
Auch im Ausland wird man hellhörig, was dieses Friedensprogramm angeht.
In Auckland/ Neuseeland haben schon Wohnzimmerreisen stattgefunden und Toronto/ Kanada hat auch Interesse signalisiert.
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