06.11.2014

Strategien gegen Antiziganimus entwickelt - Initiativentag "DENKMAL WEITER"

In der Gesprächsrunde diskutierten Romani Rose, Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, Tülin Kabis-Staubach, Planerladen e. V., Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, BfDT-Beiratsmitglied, und Staatssekretärin Hildigund Neubert mit Breschkai Ferhad (v.r.n.l.; Foto: BfDT)
Gedenken am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma in Berlin (Foto: BfDT)Gedenken am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma in Berlin (Foto: BfDT)
In der Werkstattphase wurde konstruktiv über praxisorientierte Strategien gegen Antiziganismus diskutiert (Foto: BfDT)
Gemeinsam mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma veranstaltete das Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt am 23. und 24. Oktober 2014 in der Vertretung des Freistaats Thüringen beim Bund in Berlin den Initiativentag gegen Antiziganismus "DENKMAL WEITER".

120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Minderheit, ehrenamtlichen Initiativen, Projekten, Verbänden, Vereinen und Bündnissen, sowie der Politik und Wissenschaft, Verwaltung und der Kommunen kamen zusammen, um sich über den aktuellen Forschungsstand sowie bestehende erfolgreiche Projekte auszutauschen und neue Handlungsansätze und Strategien gegen Antiziganismus zu erarbeiten.

Nach einem Grußwort durch die thüringische Staatssekretärin Hildigund Neubert, die den kurzfristig verhinderten thüringischen Innenminister Geibert vertrat, begrüßte Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, die Anwesenden. Er forderte lokale Strategien gegen Antiziganismus in der Gesellschaft, um die Vorurteile dort zu bekämpfen, wo die Menschen leben. Dr. Gregor Rosenthal, Leiter der Geschäftsstelle BfDT, bekräftigte daher in seinem Grußwort das Ziel des Initiativentags, das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Antiziganismus zu stärken und voranzutreiben.

In der anschließenden Gesprächsrunde "Antiziganismus – Herausforderung für Demokratie und Toleranz" diskutierten Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Beiratsmitglied des BfDT, Staatssekretärin Hildigund Neubert, Romani Rose und Tülin Kabis-Staubach, Vorstand Planerladen e. V., Dortmund, über die aktuelle Situation und den Handlungsbedarf in unserer Gesellschaft. Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast berichtete dabei über das Vorhaben des Beirats des BfDT, eine Koordinierungsstelle gegen Antiziganismus einzufordern.

Zwei wissenschaftliche Vorträge durch Prof. Dr. Wolfgang Benz zum Thema "Sinti und Roma: Die unerwünschte Minderheit. Struktur und Wirkung des Vorurteils `Antiziganismus´" und durch Joachim Krauß, M.A., zum Thema "Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung. Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma: Ergebnisse der Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes" sorgten für Gesprächsstoff im Publikum. Dabei gelang es, die Zuhörer/-innen über die fatale Wirkung von antiziganistischen Vorurteilen aufzuklären und die Schwierigkeiten darzulegen, diese in den Köpfen der Menschen zu entkräften.

In einer weiteren Gesprächsrunde mit dem Titel "Sinti und Roma als `role model´" berichteten die Musikerin und Autorin Dotschy Reinhardt, der Maler und Grafiker Alfred Ullrich und Oswald Marschall, Vorsitzender des Vereins Deutscher Sinti e. V. Minden, aus ihrer persönlichen Lebensgeschichte. Hier erfuhren die Teilnehmer/-innen aus erster Hand, welche "Steine" Sinti und Roma in Deutschland in den Lebensweg gelegt werden.

Abends gab es bei Essen und Trinken und Musik vom Reinhold Lauenburger Quintett die Gelegenheit zum Austausch und zum Netzwerken.

Der nächste Tag begann am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Romani Rose bat die Besucherinnen und Besucher mit wenigen, aber bewegenden Worten um ein stilles Gedenken. Zwei Jahre nach der Einweihung des Denkmals wurden zudem Kränze niedergelegt, um an die Opfer zu erinnern.

Zurück am Veranstaltungsort ging es in die Werkstattphase, um in den sechs Handlungsfeldern Medien, Wohnumfeld, Familie und Schule, Arbeitswelt, Sport sowie in einer offenen Fragerunde praxisorientierte Strategien gegen Antiziganismus zu entwickeln. In der Abschlussrunde berichteten Teilnehmer/-innen der Werkstätten von spannenden Gesprächen und Ideen. So waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Werkstatt 2 "Wohnumfeld" von dem Arnold-Fortuin-Haus als Beispiel guter Praxis so angetan, dass intensiv diskutiert wurde, wie ein ähnliches Projekt gemeinsam in anderen Städten aufgebaut werden könnte. Hier vernetzten sich unterschiedliche Teilnehmer/-innen, um gemeinsam mehr Möglichkeiten zur Durchführung zu haben. Aus allen Werkstätten wurde der Ruf nach mehr Aufklärung und Information aller Bevölkerungsschichten über Sinti und Roma und Antiziganismus laut. Dies würde nicht nur helfen, weniger Vorurteile in den Medien zu reproduzieren, sondern sich auch im alltäglichen Umgang in den anderen angesprochenen Bereichen wie Schule, Arbeitswelt und Sport positiv auswirken.

Dr. Gregor Rosenthal, Leiter der Geschäftsstelle BfDT, zog im anschließenden Pressegespräch ein positives Fazit: "Besonders freut uns, dass viele Menschen, die sich bislang in anderen Handlungsfeldern engagiert haben, ihr zivilgesellschaftliches Engagement jetzt auch gegen Antiziganismus weiterentwickeln wollen. Wir werden versuchen, sie bei ihrem Engagement bestmöglich zu unterstützen und insoweit auch die Kooperation mit dem Zentralrat und anderen bundesweiten und lokalen Akteuren in diesem Bereich weiter ausbauen."