21.08.2014

Jugendgedenken von Sinti und Roma in Auschwitz

Bericht von Amaro Drom e.V.

Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Liquidation des sogenannten "Zigeunerlagers" in Auschwitz-Birkenau (Foto: Amaro Drom e.V.)Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Liquidation des sogenannten "Zigeunerlagers" in Auschwitz-Birkenau (Foto: Amaro Drom e.V.)
Jugendbegegnung "Dikh he na bister"(Foto: Amaro Drom e.V.)
Am 2. August 2014 kamen zum 70. Jahrestag der Liquidation des sogenannten "Zigeunerlagers" in Auschwitz-Birkenau rund 1000 Jugendliche aus 25 europäischen Ländern, darunter viele Roma, zusammen und nahmen an einer Gedenkfeier teil. Die bewegende Zeremonie war für die Jugendlichen der Höhepunkt der größten Jugendgedenkveranstaltung zum Roma-Genozid, die es jemals gab.

Unter dem Motto "Dikh he na bister" ("Schau und vergiss nicht") begann bereits am 31. Juli in Krakau die Veranstaltung des internationalen Roma-Jugendnetzwerks ternYpe. In zahlreichen Workshops, Diskussionen, Zeitzeug/-innengesprächen und kulturellen Veranstaltungen setzten sich die Jugendlichen zwei Tage lang mit dem Völkermord an den Sinti und Roma auseinander. Wichtige Themen waren dabei neben dem Genozid selbst die Gedenkkultur, Bürgerrechtsarbeit, Menschenrechtsbildung und Rassismusbekämpfung sowie Fragen der kulturellen Identität von Roma. Die Formate der Workshops reichten vom akademischen Vortrag bis zum Graffitti-malen. An jedem Nachmittag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in entspannter Atmosphäre untereinander zu vernetzen und die anwesenden Roma-Selbstorganisationen aus den verschiedenen europäischen Ländern kennenzulernen.

Parallel zum Programm für die Jugendlichen wurde eine Konferenz mit Expert/-innen aus Wissenschaft, Bürgerrechtsaktivismus und Politik, unter anderem mit Vertreter/-innen aus der Europäischen Kommission und dem Europarat, veranstaltet.

Nach der Gedenkfeier in Auschwitz-Birkenau hatten die Teilnehmer/-innen am 3. August die einmalige Chance, die Geschichten von Zeitzeug/-innen zu hören. Holocaust-Überlebende wie Mano Höllenreiner und Else Baker, die als Kinder die Hölle von Auschwitz erlebt haben, waren bereit, ihre schrecklichen Erinnerungen mit den Jugendlichen zu teilen, die davon sichtlich bewegt waren: Nach dem offiziellen Ende der anderthalbstündigen Gesprächsrunden blieben viele junge Menschen länger, um weitere Fragen zu stellen und den Zeitzeugen ihren Respekt auszudrücken.

Eine ganz besondere Podiumsdiskussion fand zudem mit Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, und Zoni Weisz, dem ersten Sinto, der im Jahr 2011 vor dem Deutschen Bundestag zum Holocaustgedenken sprechen durfte, statt. Beide hatten sich bereits im Vorjahr an der Gedenkveranstaltung beteiligt.

Dank des Engagements der Jugendlichen ist es gelungen, eine einzigartige und unvergessliche Veranstaltung zu organisieren. Die Zusammenkunft so vieler junger Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern zum gemeinsamen Lernen und Gedenken war eine überwältigende Erfahrung und gleichzeitig ein starkes politisches Zeichen für internationale und interkulturelle Zusammenarbeit und Freundschaft; gegen Rassismus, Diskriminierung und Hate Speech. Dies zeigte sich auch in immer wieder spontan entstehenden kulturellen Programmeinlagen wie gemeinsamen Gesängen und Tänzen, die oft für Gänsehaut sorgten. Für vier Tage wurde ein einmaliger Raum erschaffen, in dem sich - ungeachtet der Herkunft - jeder Mensch entfalten und ausdrücken konnte.

Das Gedenken an den Genozid ist wichtig und hat eine große Bedeutung für die Gegenwart. Über das Verständnis der Vergangenheit können aktuelle rassistische und antiziganistische Entwicklungen in Europa gedeutet werden ebenso wie die Gefahren, die von ihnen ausgehen. Außerdem erschließen sich durch die Auseinandersetzung mit der Geschichte Möglichkeiten, heutigem Rassismus und Menschenhass entgegenzutreten und sie zu bekämpfen. Nun heißt es, die Arbeit auf der lokalen Ebene weiterzuführen.

 

Amaro Drom e.V. hat die Planung und Organisation der Jugendkonferenz sowie die Reise und Teilnahme von deutscher Seite maßgeblich mitgestaltet und erhielt dabei die Unterstützung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt. Weitere Informationen zu Amaro Drom e.V. finden SieInterner Link hier.