29.06.2012
Courage lohnt sich. Für alle.
Von Eberhard Vater
Der Verein Miteinander: Netzwerk für Demokratie und Toleranz im Unstrut-Hainich-Kreis e.V. wurde 2007 gegründet. Die Vorgeschichte dazu ist folgende. Meine Frau Christina Vater, Dipl. Sozialarbeiterin, und ich als Pfarrer, nunmehr im Ruhestand, beendeten unsere Arbeit als Ausländerbeauftragte in Magdeburg 2002. Mühlhausen, meine Geburtsstadt, ist seit 2002 unsere gemeinsame Heimat.Die sogenannten „Magdeburger Himmelfahrtskrawalle“ 1994 haben uns nachhaltiger geprägt als viele weitere Ereignisse und Begegnungen vor- und nachher. Bis heute noch spüren wir, wie seither Menschen Lernprozesse mühsam und ratlos begonnen und nach Konzepten friedlicher Konfliktlösung mit Erfolg gesucht haben. Wie sich Menschen auf diesem Weg verändert und interessante Entwicklungen eingeschlagen haben. Wir selbst mittendrin und neuen Erfahrungen freudig entgegenblickend.
Was empfinden Polizisten, 1994 noch völlig unerfahren und hilflos bei Einsätzen am Himmelfahrtstag zwischen Skinhaeds und Asylbewerbern? Prügelei, Alkohol, glotzende Menschenmengen, Chaos, Presserummel. Polizei, Stadt, Kirchen, Vereine, Ausländerbehörde und Innenministerium bewegten sich. Ein Grundkonsens fand sich: Es muss etwas geschehen. Der Wille dazu wurde geschaffen und wir setzten gemeinsam auf „Begegnung“.
In diesem Jahr feierten Magdeburger Bürger, Polizei, Vereine und Kirchen gemeinsam mit Familien, Studenten, Flüchtlingen, Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund das 17. Begegnungsfest. In Magdeburg gibt es im ganzen Jahr gibt es eine Fülle von Begegnungen und Integrationsbemühungen, Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und interessante Projekte. Eines haben wir mit angeschoben und sind dafür vom damaligenBundespräsidenten Johannes Rau ausgezeichnet worden: „Grüne gehen Fremd, Fremde sehen Grün“. Polizeibeamte besuchen Asylbewerber in den Gemeinschaftsunterkünften. Migranten besuchen Polizeibeamte der Stadt. Diese Begegnungen setzten bei allen Mut voraus.
Mit der geballten Ladung an Erfahrungen und Begegnungen sind wir 2003 nach Mühlhausen in Thüringen umgesiedelt. Eine Kleinstadt mit einigen Asylbewerbern. Mit linken Gruppierungen. Mit Störmanövern der NPD. Mit Arbeitslosigkeit und Abwanderung der jungen Generation. Mit schwierigen jugendlichen Spätaussiedlern.
Kritiker lästern: Mühlhausen sei ein Altersheim. Die Stadt ist bemüht, den Tourismus anzukurbeln, ihren wunderschönen Altstadtkern zu vermarkten.
Unsere anfängliche Erfahrung war ähnlich wie anfangs in Magdeburg: Ohne Lobby, ohne Berufung, ohne finanzielle Mittel geht nichts. Aber gute Ideen stecken an und bewegen schließlich doch etwas. Für alle Ideen gilt: Eine intensive Netzwerkarbeit ist entscheidend.
So kam es zur Gründung unseres Vereins Miteinander e.V. Nunmehr arbeitet unser kleiner Verein fünf Jahre und hat zahlreiche Projekte auf die Beine gestellt. Wir werden gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“.
Ein Projekt führen wir seit 2009 durch: Die öffentliche Auszeichnung von Bürgerinnen und Bürgern, welche sich beispielhaft in besonderen Situationen verhalten, also Zivilcourage bewiesen haben. Die Palette ist umfangreich: Beistand bedrängter Menschen, Verhinderung von NPD – Aufmärschen durch Berufsschüler, Erinnerung an ehemals jüdische Mitbürger, Schülerinitiativen.
Jährlich bitten wir um Vorschläge von Schulen, Vereinen, Gruppen, Kirchen und Institutionen. Eine besondere Veranstaltung bildet den Rahmen der Auszeichnungen mit kulturellen Beiträgen, Begegnung zwischen den Preisträgern und den eingeladenen Gästen. Wir vergeben keine Geldpreise, sondern künstlerisch gestaltete Zebras (Keramik). Das Zebra ist ein Zeichen für Mut.
