24.10.2011
Diskussionsrunde der Aktion Gemeinsinn: Bürgeraktion für gute Kitas
„Malstifte statt Mattscheibe“
Fünf Jahre ist es her, da richtete sich die Rütli-Oberschule aus dem Berliner Stadtteil Neukölln mit einem dringenden Appell an Politik und Öffentlichkeit. Die Lehrer beklagten zunehmende Gewalt und Probleme an der Schule und forderten die Auflösung ihrer bisherigen Schulform. Seitdem ist viel passiert. Die Rütli-Oberschule ist Teil einer Gemeinschaftsschule geworden, in der die Schüler ganztags und gemeinsam unterrichtet werden. Außerdem organisiert die Schule zahlreiche Projekte, zum Beispiel um Schulabbrecher weiterzubilden.Doch Bildung ist nicht nur Aufgabe der Schulen. Bildung fängt schon bei Kleinkindern an. Wer schon in frühen Jahren gefördert wird, hat bessere Chancen auf eine erfolgreiche Schulkarriere. Zwanzig Prozent aller Kleinkinder in Deutschland werden allerdings in ihrer Kindheit nicht gefördert oder zum Lernen animiert, sondern ausgebremst. Um das zu ändern hat die Bürgerinitiative „Aktion Gemeinsinn“ einen Appell gestartet. Zentrale Forderungen des Appells sind günstige oder sogar kostenlose Kita-Plätze und eine qualitative Verbesserung der Kindergärten und der Kindertagespflege. Außerdem soll der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter 3-Jährige nicht wie bisher geplant 2013 eingeführt werden, sondern schon früher. Der Appell wird von zahlreichen bekannten Persönlichkeiten unterstützt; neben Kirchenvertretern zählen dazu auch prominente Politiker wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm zu den Unterzeichnern.
Am 16. September 2011 wurde dieser Appell an der Berliner Rütli-Schule vorgestellt und diskutiert. Eingeladen zu der Veranstaltung hatte Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Vorstandsvorsitzende der „Aktion Gemeinsinn“ und Mitglied im Beirat des Bündnis für Demokratie und Toleranz (BfDT). Sie leitete die Diskussion der knapp 40 Teilnehmer, darunter der für das BfDT teilnehmende Themenbereichsleiter Markus Priesterath, die lebhaft darüber debattierten, was man für die Bildung der Jüngsten tun kann und sollte. Außerdem stellte die Rütli-Schule ihre jüngsten Erfolge vor, die von Projekten im Schulalltag bin hin zu vorschulischem Unterricht reichen.
Zu den Diskussionsteilnehmern zählten unter anderem Cordula Heckmann, Leiterin der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli und Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sowie Vertreter weiterer Bildungsvereine und der Politik. Kontrovers diskutiert wurde besonders die Frage, ob Eltern verpflichtet werden sollten, ihre Kinder in einer Kita anzumelden. Die grundsätzlichen Forderungen des Appells trafen jedoch bei allen Teilnehmern auf breite Zustimmung. Dazu gehört auch ein Aufruf für mehr ehrenamtliches Engagement, beispielsweise als Helfer beim Vorlesen, in Musik- und Theatergruppen, beim Gärtnern oder in der Küche. Außerdem sollen mehr Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet, eingestellt und angemessen bezahlt werden.
Die Ergebnisse der Veranstaltung wird die „Aktion Gemeinsinn“ in ihrer weiteren Arbeit aufgreifen und sich auch zukünftig unter dem Motto „Helft unseren Jüngsten – je früher, desto besser!“ für frühkindliche Bildung einsetzen. Warum frühkindliche Bildung für alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft, wichtig ist, betonte Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast in der Diskussion: „Ansprechen wollen wir nicht nur Migrantenfamilien und Bewohner der Problemviertel. Auch Kindern aus sogenannten behüteten Elternhäusern tut ein Kita-Besuch gut, weil sie moderne Spiele und soziales Verhalten in der Gruppe lernen.” Der frühkindlichen Bildung und Erziehung im Sinne demokratischer Grundwerte nehmen sich in Deutschland darüber hinaus zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte an. Über Mittel wie das Theaterspiel, Rollenspiele oder kindgerechte Zeitzeugengespräche werden Kinder mit ihrer gesellschaftspolitischen Umgebung in Berührung gebracht und erfahren darüber welche Bedeutung z.B. das gewaltfreie Austragen von Konflikten hat.
