10.02.2010

Projekt „Rückenwind“

Foto: Gruppenbild (Rückenwind)
Foto: Konfliktmanager bei der Arbeit (Rückenwind)
Von Thomas Krestel und Petra Unterberg (DRK Kreisverband Kehl e.V., Projekt „U-turn“)

Das kriminalpädagogische Projekt „Rückenwind“ ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Jugendliche helfen ihnen, zukünftig nicht mehr straffällig zu werden. Projekt „Rückenwind“ wird von U-turn, der Anlaufstelle für Kriminal- und Gewaltprävention des DRK Kreisverbandes Kehl, einem von der Aktion Mensch geförderten Projekt, durchgeführt.

Die Idee zur Installierung von Projekt „Rückenwind“ entstand im Rahmen des Beratungsteams Kommunale Kriminalprävention in Kehl. Es ist ein Netzwerk zur Prävention und Verminderung von Kriminalität und Gewalt, dem alle regionalen Organisationen, Institutionen und Vereine angehören, die sich mit dem Thema befassen. Ausgangslage war die Überlegung, dass Kinder und Jugendliche, die straffällig in Erscheinung getreten sind, nicht immer eine erzieherische Konsequenz oder eine strafrechtliche Sanktion erfahren. Einige Verfahren werden z.B. wegen Geringfügigkeit oder auf Grund des Alters des Kindes eingestellt. Ein präventiver Ansatz, der das Kind oder den Jugendlichen davor schützen soll, künftig weitere Straftaten zu begehen, ist, wenn keine erzieherische Konsequenz seitens des Elternhauses erfolgt, somit nicht erkennbar.

An dieser Stelle will das Projekt „Rückenwind“ eine Lücke schließen und Kindern und Jugendlichen, die abweichendes Verhalten zeigen (z.B. straffällig in Erscheinung treten, Schule schwänzen, von zu Hause ausreißen usw.) die Möglichkeit bieten, sich ihrem Alter entsprechend mit ihrem Handeln auseinanderzusetzen. Das Besondere bei Projekt Rückenwind ist, dass dies durch Jugendliche geschieht. Beim peer-to-peer-Ansatz (hier von Jugendlichen für Jugendliche) wird davon ausgegangen, dass die Gleichaltrigen sich besser in die subjektive Lebenswelt der Teilnehmer einfühlen können als Erwachsene und dadurch bei den Teilnehmern eine größere Bereitschaft vorhanden ist sich zu öffnen. Diese Konfliktmanager, die jährlich an regionalen Schulen geworben werden, durchlaufen eine gezielte Ausbildung und werden von pädagogischem Fachpersonal bei ihrer Tätigkeit begleitet und unterstützt. Derzeit sind 55 ehrenamtliche jugendliche Konfliktmanager tätig, die sich jeweils zu dritt mit einem straffällig in Erscheinung getretenen Kind oder Jugendlichen auseinandersetzen. Die Konfliktmanager bearbeiten selbstständig die Fälle spätkindlicher und jugendlicher Delinquenz und entscheiden, wann sie Hilfe von professionellem Fachpersonal in Anspruch nehmen.

Für die straffällig in Erscheinung getretenen Kinder und Jugendlichen läuft das Projekt in der Regel folgendermaßen ab: Zuerst kommt die Polizei mit den Kindern und Jugendlichen in Kontakt. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen muss das Kind oder der Jugendliche zu einem Anhörungstermin bei der Polizei erscheinen. Die Eltern werden bereits in der Vorladung der Polizei über das Projekt „Rückenwind“ informiert. Wenn das Kind oder der Jugendliche sowie die Eltern Interesse an der Teilnahme am Projekt haben, werden die Daten an die pädagogischen Fachkräfte von U-turn weitergeleitet.

Die Mitarbeiter von U-turn vermitteln daraufhin die Teilnehmer an die Konfliktmanager, die dann einen Gesprächstermin vereinbaren. In einem oder in mehreren Gesprächen wird der Teilnehmer mit seiner Tat oder seinem Verhalten konfrontiert, indem der Tatablauf, das Motiv und die Ursachen besprochen werden. Die Konfliktmanager klären den Teilnehmer über Folgen seiner Tat oder seine negativen Verhaltensweisen auf und erarbeiten mit ihm eine Möglichkeit der Wiedergutmachung (z.B. ein freiwilliger sozialer Dienst im Jugendhaus oder der DRK Kleiderkammer, ein Entschuldigungsschreiben, eine persönliche Entschuldigung beim Geschädigten u.ä.). Das Konfliktmanager-Team setzt einen Zeitpunkt fest, bis wann die getroffenen Vereinbarungen erfüllt sein müssen, und hält diese schriftlich fest. Das Team ist anschließend für die Begleitung und Unterstützung des Teilnehmers bei der Wiedergutmachung verantwortlich. Neben der Polizei können auch andere Stellen, wie z.B. die Schulsozialarbeit, Fälle von Straftaten an das Projekt „Rückenwind“ vermitteln.

Das Ergebnis der Teilnahme jedes Kindes oder Jugendlichen wird an die pädagogischen Fachkräfte und an die Jugendsachbearbeiter der Polizei weitergegeben. Auch die Staatsanwaltschaft ist in das Projekt mit eingebunden und wird über den Ausgang der Teilnahme am Projekt informiert. Die Teilnehmer selbst können indirekt Einfluss auf das Projekt Rückenwind nehmen, indem sie den Ablauf des Projektes aus ihrer Sicht mittels eines anonymen Fragebogens bewerten.

Seit dem Schuljahr 2005/2006 ist das Projekt Rückenwind (ehemals Kehrtwende) sehr erfolgreich. Insgesamt wurden 110 Fälle jugendspezifischer Straffälligkeit von den Konfliktmanagern bearbeitet. Lediglich 9 Teilnehmer sind bis dato erneut straffällig in Erscheinung getreten.

Die Förderung des Projektes durch die Aktion Mensch läuft im September dieses Jahres aus. Wir wünschen uns sehr, dass das mittlerweile etablierte Projekt weiterlaufen kann. Derzeit sind wir auf der Suche nach Möglichkeiten der Weiterfinanzierung.

Mehr Informationen über das Projekt "Rückenwind" erhalten Sie unter Interner Linkwww.kv-kehl.drk.de oder bei Petra Unterberg (0 78 51 94 33-15) und Thomas Krestel (-17).