21.04.2017

"Google ist bei Weitem nicht fehlerfrei, vor allem wenn es um religiöse Inhalte geht"

Interview mit 3ALOG e.V.

Im Jahr 2013 gründete der Heidelberger Interner Link3ALOG e.V. das Projekt „Mit.Machen“. Es aktiviert junge Menschen, selbst einen Beitrag zum interreligiösen Dialog durch multimediale Kommunikation zu leisten. Im Fokus steht die Produktion von Videos, in denen differenzierte Beiträge von jungen Expert/-innen zu Themen wie interreligiöse Freundschaften, dem Syrien-Konflikt oder Salafismus dargelegt werden. Um das Engagement und Interesse junger Menschen zu unterstützen, wird ein Kamerakoffer bereitgestellt. Mit diesem kreativen Einsatz für mehr Toleranz ist 3ALOG e.V. Interner LinkPreisträger des Aktiv-Wettbewerbs 2016.

(Foto: 3ALOG e.V.)


Wie kamt Ihr auf die Idee, das Projekt 3ALOG zu gründen?

3ALOG ist aus einem Freundeskreis heraus entstanden und geht auf ein gemeinsames Auslandsstudium zurück. Wir wurden an der Islamisch-Theologischen Fakultät der Istanbul-Universität von türkischen Studierenden immer wieder auf religiöse Fragestellungen hingewiesen, die wir teilweise selbst nicht beantworten konnten. Dabei betrafen die Fragen nicht nur das Christentum, sondern auch die Frage nach dem Islam in Deutschland oder gemeinsamen Grundlagen der drei abrahamitischen Weltreligionen. Zurück in Deutschland haben wir festgestellt, dass sich auch hier die Suche nach Antworten nicht einfach gestaltet. Der erste Ansprechpartner ist heutzutage immer Google, was wohl jeder bestätigen kann. Aber Google ist bei Weitem nicht fehlerfrei und spuckt gerne viel Falsches aus, vor allem wenn es um religiöse Inhalte geht. Wenn wir als vermeintliche Experten online schon vor Such-Probleme gestellt werden, wie ergeht es dann Leuten, die nur mehr über ihre oder andere Religionen erfahren wollen? Wir können uns nicht darauf verlassen, dass junge Menschen Webseiten differenziert betrachten und aussortieren; meist wird doch eines der ersten Suchergebnisse angeklickt und der erste Schritt zu falscher Information ist getan. An diesem Problem setzt 3ALOG an.

Wofür steht 3ALOG?

3ALOG, gesprochen „Trialog“, steht für interreligiösen, interkulturellen und weltanschaulichen Dialog, der in Begegnung offen für verschiedene Perspektiven ist. Das Besondere bei 3ALOG ist die Verknüpfung von On- & Offline-Engagement und die enge Zusammenarbeit von Expert/-innen und Laien. Der Fokus liegt dabei auf der Beteiligung Jugendlicher und junger Erwachsener, die die Zukunft unserer Gesellschaft sind und daher in unserem Projekt befähigt werden, unsere offene Gesellschaft mitzugestalten. Unsere Vision ist ein aktives Netzwerk, das Vorurteile abbaut, gegenseitiges Verständnis fördert und so zum friedlichen Zusammenleben beiträgt. 3ALOG setzt sich für Demokratie, Toleranz und Menschenfreundlichkeit ein.

Mit welchen Akteuren und Akteurinnen aus Politik, Zivilgesellschaft und Religion kooperiert Ihr?

3ALOG ist ein breitgefächertes Projekt, das eng mit Akteuren aus Politik, Zivilgesellschaft und Religionen zusammenarbeitet. Auf verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Ebenen mit Schwerpunktsetzung in Baden-Württemberg vernetzen wir Menschen und Initiativen, die sich für einen Dialog stark machen. Dabei fördern wir vor allem das Engagement von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, indem wir sie in unseren Projekten, vornehmlich bei multimedialen Workshops in Jugendeinrichtungen, beteiligen. Wir unterstützen unter anderem seit Jahren die Internationalen Wochen gegen Rassismus in Heidelberg, der Stadt unseres Vereinssitzes. Durch unser Engagement sind Kooperationen mit anderen Vereinen und Initiativen sowie verschiedenen Religionsgemeinschaften entstanden. Zu nennen sind auswahlsweise der Ausländermigrationsrat, das interkulturelle Zentrum der Stadt Heidelberg, Freunde Arabischer Kunst und Kultur e.V. und Schulen. Dazu gibt es überregionale Kooperationen, wie mit dem Weltethos Institut, dem House of One und der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

(Foto: 3ALOG e.V.)(Foto: 3ALOG e.V.)

Was konntet ihr bisher erreichen? Und wo stößt so ein Projekt vielleicht auch an seine Grenzen?

Wir sind stolz, dass wir bisher Interner Link22 eigen produzierte und finanzierte Filmprojekte zu unterschiedlichen Themen online wirksam machen konnten. Dabei bekommen wir viele Rückfragen und Input für neue Projekte. Ein Highlight war unser Interner LinkInterkulturelles Workshop-Festival, das vom interreligiösen Projekt Interner Link„Weißt du wer ich bin?“, dem Weltethos Institut und dem Interner LinkBMI mitfinanziert wurde. Welcher Verein stößt nicht an seine zeitlichen und finanziellen Grenzen? 3ALOG könnte gut Unterstützung bei der Professionalisierung der Strukturen (Fundraising, PR, Organisationsentwicklung) sowie der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements gebrauchen.

Ihr unterstützt Interessierte, die Lust haben, den interreligiösen Dialog durch multimediale Kommunikation voranzutreiben. Wie kann man mitmachen? Braucht man eine bestimmte Vorerfahrung?

Interesse für andere Menschen, Lust auf Neues sowie die Motivation Teil eines gemeinsamen Filmprojekts zu sein, sind ideale Voraussetzungen, um bei unserem Engagement Spaß zu haben. Interner LinkMitmachen kann man bei 3ALOG auf vielfältige Weise. In den Film-, Website- oder Workshop-Teams sind helfende Hände und mitdenkende Köpfe immer herzlich willkommen. Wenn Interessierte einen eigenen Film zu Themen des interkulturellen Dialogs drehen wollen, können sie sich bei uns einen Kamerakoffer ausleihen.

Das Internet wird häufig mit der Kritik, es verhindere religiöse Begegnung, in Verbindung gebracht. Wie möchtet Ihr dazu beitragen, den Dialog online zu fördern?

Wie die meisten Dinge im Leben, hat auch das Internet positive und negative Seiten. Das gilt auch für interreligiöse Begegnungen online. Da die Mitglieder von 3ALOG über gutes technisches Knowhow verfügen und zu einer Generation gehören, die ständig online ist, ist uns aufgefallen, dass vertrauenswürdige, interreligiöse Webseiten schlecht vernetzt sind; Stichwort Suchmaschinenoptimierung, Backlinks, Social Media, etc. Auf der anderen Seite sind „falsche Freunde“ wie die salafistischen Prediger Pierre Vogel oder Abou Nagie schnell gefunden und erfreuen sich großer Beliebtheit (Vogel hat über 100.000 Follower auf Facebook). Faktisch läuft ein junger Muslim mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefahr, auf eine radikale Gruppe zu stoßen, was auch für junge Christen und Juden gilt. Wir haben also eine 3ALOG-Seite gebaut, die gut in Google und Social Media eingebunden ist. Wir haben angefangen, in selbstproduzierten Videos mit Expert/-innen, (inter-)religiöse Inhalte erklären zu lassen. Das konkrete Ziel ist, dass per Google differenzierte Inhalte von 3ALOG angeklickt werden und kein „Vogel“!