28.03.2012
Przypominanie/Erinnerungen – ein polnisch-deutsches Projekt zum gemeinsamen Holocaustgedenken
erinnern-zapominanie.blogspot.com sammelt Zeitzeugenberichte aus der Nazizeit
Das Internet vergisst nichts. Mit Zeitzeugenberichten aus dem Zweiten Weltkrieg und Erinnerungen von Häftlingen ehemaliger Konzentrationslager verhält es sich jedoch oft anders – viele dieser schrecklichen Erlebnisse werden nie an die Nachwelt weitergegeben, viele aktive Zeitzeugen sind inzwischen zu alt, um an Führungen durch ehemalige Konzentrationslager teilzunehmen und viele Menschen, die in der damaligen Zeit gelebt und gelitten haben, sind schon verstorben.Um die Verbrechen der Nazizeit trotzdem als Erinnerung und Mahnung aufrecht zu erhalten, haben Jugendliche beider Länder für den deutsch-polnischen Blog „Przypominanie & zapominanie - Erinnern & Vergessen“ begonnen, Zeitzeugen zu interviewen, zu filmen und mit kleinen Videos und Textbeiträgen ihre Erlebnisse für die Nachwelt zu bewahren.
Zum Auftakt des Projektes trafen sich vom 26. Februar bis zum 7. März 2012 über 30 Jugendliche aus Polen und Deutschland mit Zeitzeugen in der Wielandgut in Oßmannstedt sowie in der Jugendbegegnungsstätte der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar – eine Woche lang führten sie intensive Diskussionen und erkundeten gemeinsam die Orte. Neben dem Austausch zwischen den Generationen haben die sowohl deutsch- als auch polnischsprachigen Jugendlichen interkulturelle Erfahrungen gesammelt, die ohne die Begegnung und das Gespräch in dieser Form kaum möglich gewesen wäre. Außerdem fand ein Austausch über grundsätzliche Fragen zur Erinnerung statt: Welche Bedeutung und Funktion hat die Erinnerung an den Holocaust in verschiedenen Ländern überhaupt und wie kann man über 60 Jahre nach den Schrecken jungen Menschen die Ereignisse vermitteln?
Begleitet wurden die JungjournalistInnen von einem Kamerateam, das nun nach und nach die Ergebnisse der Begegnungen zusammenstellt und zusammen mit den Artikeln auf dem Blog publiziert. Die Themen sind vielfältig und geprägt von der engen persönlichen Zusammenarbeit: so beschäftigt sich ein Interview mit dem jahrzehntelang tabuisierten Thema der Lagerbordelle, die nicht nur für SS-Offiziere, sondern auch als Leistungsanreiz für Häftlinge bestanden.
Für die Gedenkstätten der Konzentrationslager ist dieses Konzept der medialen Aufarbeitung eine Chance für die Zukunft. Auch ohne Führungen und Zeitzeugen haben sie so eine Möglichkeit, politische Bildung und Demokratieförderung auf eine persönliche Art und Weise zu vermitteln. Der Blog wird regelmäßig um weitere Berichte ergänzt und soll für ein breites Publikum öffentlich gemacht werden. Organisiert wird das Projekt von Kulturvereinen beider Länder: dem Kulturen in Kontakt e.V. und dem Związek Dziewcząt i Kobiet Chrześcijańskich (Verband christlicher Mädchen und Frauen).
Auch das Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) unterstützte das Blog-Projekt personell wie finanziell.
