28.02.2012
Gedenkveranstaltung für die Opfer rechtsextremer Gewalt am 23.02.2012 im Konzerthaus Berlin
von Uta Leichsenring, Beiratsmitglied seit 2000
Lange haben die Angehörigen der Opfer auf dieses Signal, auf diese deutlichen Worte gewartet, lange waren sie mit ihrer Trauer allein: Die Bundeskanzlerin sprach von Schande, vom Versagen der Gesellschaft - es war ein Eingeständnis des Scheiterns - und bat um Verzeihung für das erlittene Leid und aus Vorurteilen gespeister Verdächtigungen. Damit verband sie das Versprechen, alles in der Macht des Rechtsstaates stehende zu tun, um die Morde aufzuklären und Wiederholungen nicht zuzulassen.Eintausendzweihundert Vertreter aus Politik und Gesellschaft - darunter auch vom Beirat des Bündnisses für Demokratie und Toleranz, ausgezeichnete Initiativen und Botschafter für Demokratie und Toleranz - haben durch ihre Anwesenheit den Ermordeten und Angehörigen ihre Reverenz erwiesen und stehen für diese Verpflichtung.
Mehr als einmal habe ich mich während der Veranstaltung gefragt, wie sich nach Jahren des unangemessenen Umganges der Institutionen des Staates die Hinterbliebenen gefühlt haben müssen, die doch einfach nur wie normale Menschen behandelt werden wollten. Die Antwort darauf hat mir sinngemäß Semiya Simsek (Tochter eines der Ermordeten) gegeben, indem sie sagte, „elf Jahre haben sie und ihre Familie nicht guten Gewissens Opfer sein können“.
Und dennoch hat der Vater des in Kassel erschossenen Halil Yozgat betont, dass er Vertrauen in die Justiz unseres Landes habe – welch eine Größe angesichts des Erlebten.
Nach einer beschriebenen Kindheit und Jugend „ohne Ruhe für Trauer und Abschied“ habe ich das Plädoyer von Semiya Simsek und Gamze Kubasik für die freie Entfaltung aller Menschen als einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft empfunden. Die beiden jungen Frauen symbolisierten durch das Hinaustragen der für Zuversicht und Hoffnung aufgestellten zwölften Kerze - neben den zehn Kerzen für die von der NSU Ermordeten und einer elften Kerze für alle bekannten und unbekannten Opfer rechtsextremer Gewalt – ihren Glauben an die Fähigkeit unserer demokratischen Gesellschaft, sich Rechtsextremismus in all seinen Erscheinungsformen entgegenzustellen – eine besonders bewegende Demonstration.
Gegen rechtsterroristische Verbrechen – und gar aus dem Untergrund - müssen wir alle auf die Strafverfolgungs- und Verfassungsorgane vertrauen dürfen. Gegen alltägliches rechtes Gedankengut, gegen Rassismus und Antisemitismus, gegen das schleichende Gift der Gleichgültigkeit, gegen Menschenfeindlichkeit überhaupt stehen wir alle als Teil der Gesellschaft in der Verantwortung.
Mehr denn je sehe ich hier die Aufgabe des BfDT – da spreche ich für die Mitglieder des Beirates und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bündnisses – zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus zu fördern und zu unterstützen, weiterhin Impulsgeber für Initiativen, Verbände und Vereine zu sein und beratend für Politik und Gesellschaft zur Verfügung zu stehen.
Denn:
„ Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun.“
Edmund Burke
Der 19-köpfige Beirat des BfDT richtete sich nach dem Bekanntwerden der rechtsextremen Mordserie mit einer persönlichen Solidaritätsadresse an die Angehörigen der Opfer, um seine Anteilnahme und sein Entsetzen zum Ausdruck zu bringen. „Mit ihren Taten haben die Täter nicht nur die Ermordeten und Verletzten sowie deren Familien, sondern die Gesellschaft insgesamt angegriffen und damit jeden einzelnen von uns ins Mark getroffen“, so das Schreiben des Beirates. Neben einer lückenlosen Aufklärung der Morde forderten die Beiratsmitglieder weiterhin, den Einsatz gegen Rechtsextremismus energischer und intensiver fortzuführen und werden dies im Rahmen ihres Engagements beim Bündnis für Demokratie und Toleranz tun.