08.06.2011

„Virtuelle Vernetzung des Rechtsextremismus – Was tun?“

FES-Konferenz am 30. Mai 2011

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Am 30. Mai führte die Friedrich Ebert Stiftung (FES) eine Konferenz zum Thema „Virtuelle Vernetzung des Rechtsextremismus – Was tun?“ durch. Über 150 Gäste waren der Einladung gefolgt. Die Konferenz richtete sich vorrangig an Akteure der Zivilgesellschaft. Vertreter von Vereinen, Stiftungen, Organisationen und auch politische Journalisten versammelten sich im Haus 2 der FES, um sich zu multimedialen Vernetzungsstrategien rechtsextremer Kräfte weiterzubilden. Auch das Bündnis für Demokratie und Toleranz (BfDT) nahm an der Konferenz teil.

Den Auftakt machte Sebastian Serafin, der die Gäste im Namen der FES begrüßte. Ihm folgte Hannes Swoboda, Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. Als Experte gab er eine Einführung in die rechtsextremen Entwicklungen auf europäischer Ebene. Beunruhigend sei neben dem Erstarken rechtsextremer Parteien und Vereinigungen in einigen Ländern vor allem die allgemein stärkere Präsenz rechter Tendenzen auf der politischen Bühne, wodurch sich auch der politische Diskurs verändert habe, sagte Swoboda. So seien heute öffentliche Äußerungen salonfähig geworden, die noch vor zehn Jahren unmöglich gewesen wären. Im Ländervergleich stehe Deutschland allerdings recht gut da, was Swoboda unter anderem auf die umfangreiche Aufarbeitung der NS-Diktatur zurückführte.

Diplom-Soziologe Dr. Ralf Wiederer gab einen wissenschaftlichen Einstieg in das Thema der Konferenz. Er bezog sich dabei vor allem auf die Studie „Zur virtuellen Vernetzung des internationalen Rechtsextremismus“. Als deren Autor hatte er mit verschiedenen Erhebungsverfahren und netzwerkanalytischen Methoden die Vernetzung des Rechtsextremismus untersucht. Den Konferenzteilnehmern gab er wichtige Einblicke in den europaweiten strukturellen Transformationsprozess rechtsextremer Strömungen und fügte Beispiele an, wie sich Rechtsextreme das Web 2.0 zu Nutze machen.

Nach dieser theoretischen Einführung ging es in die praktisch orientierten Workshops, denn Ziel der Konferenz war vor allem die professionelle und auf die Arbeit der Teilnehmer zugeschnittene Weiterbildung. In je vier Workshops und einem Praxisvortrag im großen Konferenzsaal am Vor- und Nachmittag stand somit für die TeilnehmerInnen der praktische Austausch im Vordergrund. Im Workshop „Rechtsextremismus und Soziale Medien – zwischen Werbung und Mimikry“ gingen die Referentinnen Anna Groß und Simone Rafael von der Amadeu Antonio Stiftung Berlin vor allem auf die Nutzung von Social Media durch Rechtsextreme ein. In diesen zeigen rechtsextreme Organisationen und ihre Anhänger eher subtile Präsenz durch Redebeiträge in Foren oder Kontaktaufforderungen à la „Wer dazu mehr Informationen möchte, kann sich an mich wenden“. Zugleich findet auch die direkte Ansprache von Jugendlichen verstärkt über Social Media statt. Dabei geben sich Rechtsextreme selten direkt zu erkennen, eine Identifikation ist oft nur durch angegebene Links, Musikgeschmack oder Bücherempfehlungen möglich.

Der Workshop „Gegenstrategien: Wie reagiere ich auf rechtsextreme Kommentare? Was wir gegen Neonazis in sozialen Netzwerken tun können“ wurde von Joachim Wolf, ebenfalls von der Amadeu Antonio Stiftung, durchgeführt und baute teilweise auf den Erkenntnissen dieses ersten Workshops auf. Wichtig sei es, rechtsextreme Beiträge nicht unkommentiert stehen zu lassen und sich weder auf Diskussionen noch auf die von Rechtsextremen propagierte Rolle als Opfer von Mobbing und Diskriminierung einzulassen. Rechtsextreme berufen sich dabei gerne auf die Werte der Demokratie und das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wolf riet in diesem Falle zu argumentieren, dass Demokratie nicht bedeute, jede Meinung stehen zu lassen, sondern zu debattieren und auch deutlich Einspruch zu erheben. Im Internet können Menschen aktiv werden, indem sie verdeckt operierende Rechtsextremisten und die von ihnen produzierten Inhalte als solche enttarnen und an die Betreiber der entsprechenden Webseiten schreiben. Auch unter Interner Linkwww.jugendschutz.net können rechte Inhalte zentral angezeigt werden. Die Betreiber eines Blogs oder einer Website sollten rechte Kommentare so schnell wie möglich löschen. Auf diese Weise kann auch ein klares Zeichen gegen die Bemühungen der Rechtsextremen gesetzt werden, ihre Inhalte über das Internet zu normalisieren.

Auf einer abschließenden Podiumsdiskussion wurde es dann noch einmal konkret: es wurden Handlungsmöglichkeiten diskutiert, die der aktuellen Situation wie auch den kommenden Herausforderungen gerecht werden können. Insgesamt wurde die Veranstaltung von den Teilnehmern als sehr positiv gewertet, vor allem im Hinblick darauf, vorhandene Kenntnisse zu vertiefen und zu spezifizieren. Das BfDT wird die gewonnenen Einblicke auch in die Vorbereitungen zum 4. Wunsiedler Forum 2011 einbringen. Bei dem Forum gegen den politischen Extremismus im Herbst wird diesmal u.a. die Mediennutzung durch Rechtsextreme sowie geeignete Möglichkeiten des Gegenhandelns durch zivilgesellschaftliche Akteure thematischer Schwerpunkt sein.