11.05.2010
Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten
Literaturtipp

Ein solches neuartiges, strategisches und organisatorisches Element innerhalb der extremen Rechten stellt z. B. der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler in seinem Artikel über den antiislamischen Rechtspopulismus der „PRO“- Bewegungen vor. Zur extremen Rechten stehen Bewegungen wie „PRO Köln“ und „PRO NRW“ in einem wechselseitigen Spannungsverhältnis insofern sie einerseits intensive Kontakte etwa zur NPD pflegen, das gleiche Wählerpotenzial ansprechen und dieselben völkisch-nationalistischen, fremdenfeindlichen und autoritären Ansichten vertreten. Andererseits versuchen sie sich strategisch von der NPD abzugrenzen, um sich als lokal und regional verhaftete „Bürgerbewegungen“ den Weg in die politische Mitte ebnen zu können. Politische Erfolge verbuchen „PRO“- Bewegungen, das ist das Beunruhigende, mit von Vorurteilen und Ressentiments durchzogenen populistischen Kampagnen gegen den Islam, in dem sie ein „vermarktungsfähiges Feindbild“ gefunden haben.
Eine weitere Strategie der extremen Rechten nimmt Diplom-Politologin und Journalistin Andrea Röpke mit den Immobilienkäufen durch Rechtsextremisten in den Blick. Der verdeckte Ankauf von Großimmobilien, Gutshöfen und Gaststätten dient Neonazis zur Schaffung „befreiter Zonen“, in denen sie ihre „Gegenmacht“ etablieren und politische Informationsveranstaltungen sowie „nationale Fußballturniere“, „Sommerfeste“ und sonstige Szenepartys organisieren können. Röpke bezeichnet die Nutzung der Immobilien auch als „Siedlungspolitik“ und sieht diese durchaus im Einklang mit der Verbürgerlichungsstrategie der rechten Szene. Die rechtsextremen Grundstücksbesitzer möchten als „normale“ Anwohner erscheinen und sich dadurch schrittweise das Vertrauen der Nachbarn erarbeiten.
Mit möglichen Gegenstrategien und Präventionsmaßnahmen gegen rassistische und fremdenfeindliche Einstellungen und Verhaltensweisen beschäftigt sich Gunter A. Pilz. Pilz ist unter anderem Vorsitzender der AG „Für Toleranz und Anerkennung, gegen Rassismus und Diskriminierung“, in der sich auch das Bündnis für Demokratie und Toleranz (BfDT) engagiert. In seinem Beitrag über das soziale Umfeld des Fußballs untersucht er, wie die Fan-, Hooligan- und Ultra-Szene bisweilen eine gefährliche Symbiose mit dem organisierten Rechtsextremismus eingehen. Weil rassistische und fremdenfeindliche Vorurteile und Verhaltensweisen nicht nur an den extremen Rändern, den „Kurven“, ein Problem darstellen, sondern auch in Form von schwulenfeindlichen und sexistischen Sprüchen im Sitzplatzbereich große Akzeptanz finden, sieht Pilz in der Antirassismusarbeit eine Querschnittsaufgabe, deren Lösung nicht ausschließlich in Ausgrenzung durch Stadionverbote und strafrechtliche Verfolgung gesehen werden kann. Erforderlich ist nicht eine Verbots-, sondern eine Diskurspädagogik, die das gesamte Spektrum der Aktiven im Umfeld des Fußballs einbezieht; von der Polizei, den Vereinen und Verbänden, bis hin zu Fanprojekten, Faninitiativen und den Fans selbst. Erfolg verspricht die präventive Arbeit, wenn sich diese Akteure vernetzen und kontinuierlich über ihre Erkenntnisse und ihr praktisches Handlungswissen austauschen.
Damit formuliert Pilz eine Erkenntnis, die nicht nur für den Fußball, sondern für sämtliche in diesem Buch über die extreme Rechte behandelten gesellschaftlichen Lebensbereiche gültig ist: „Die Überwindung von Rassismus im Fußball wie in der Gesellschaft schlechthin ist kein einmaliger Akt und kein flüchtiges Event, sondern kann nur ein dauerhaftes Anliegen, ein kontinuierlicher Prozess sein“.