15.01.2010
Projektstelle gegen Rechtsextremismus feiert dritten Geburtstag am 14. Januar 2010
Interview mit Leiterin Dr. Simone Richter

Sehr geehrte Frau Dr. Richter, was genau ist die Projektstelle gegen Rechtsextremismus?
Die Projektstelle gegen Rechtsextremismus existiert jetzt seit drei Jahren und ist eine zentrale Anlaufstelle in Bayern. Ich bekomme Anfragen von Lehrern, Jugendlichen, Bürgermeistern und aus dem kirchlichen Bereich, aber auch von Privatpersonen oder Initiativen, die sich mit dem Thema Rechtsextremismus beschäftigen oder beschäftigen wollen. Wir versuchen Information und Aufklärung zu betreiben, auch durch eigene Veranstaltungen. Wir können aber auch angefordert werden, wenn eine Gruppe zu dem Thema arbeiten will. Dann bieten wir Workshops, Seminare oder Vorträge an, zum Beispiel über neue Formen des Rechtsextremismus, oder auch rechte Musik, Codes und Symbole. Daneben betreiben wir auch eine enge Vernetzung in Bayern. Dabei geht es darum, diejenigen, die sich mit dem Thema schon befassen mit denjenigen zusammenzubringen, die noch nichts damit zu tun hatten und präventiv arbeiten wollen. Oder mit solchen, die sich plötzlich damit konfrontiert sehen. Denn oftmals ist es so, dass die Leute gar nichts voneinander wissen, obwohl sie in Nachbarschaft zueinander arbeiten.
Sie feiern diese Woche 3-jähriges Jubiläum. Welche Ausgangssituation haben Sie bei der Gründung vorgefunden?
Die Projektstelle wurde auf Initiative des „Bayerischen Bündnisses für Toleranz – Demokratie und Menschenwürde schützen“ gegründet. Sie vereint 30 Mitglieder aus den verschiedensten Bereichen, aus Politik, Kirche, aus dem Bildungsbereich, aus dem Sport. Diese hatten verstärkte rechtsextreme Tendenzen in Bayern festgestellt. Sie überlegten, dass es eine zentrale Anlaufstelle in Bayern braucht, denn die gab es vorher nicht. Eine Kooperation aus dem Bayerischen Bündnis, der Stadt Wunsiedel und dem Evangelischen Bildungszentrum hat es zu Wege gebracht, dass die Projektstelle gegründet werden konnte. Mein Büro im Evangelischen Bildungszentrum in Bad Alexandersbad ist auch dort eingerichtet worden, weil die Stadt Wunsiedel ein Nachbarort ist. Wunsiedel ist ja, wenn man sich mit dem Thema Rechtsextremismus in Bayern beschäftigt, ein Name, der immer wieder auftaucht.
Wie sieht der Rücklauf aus der Bevölkerung aus?
Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht. Wenn wir uns den Verfassungsschutzbericht in Bayern anschauen, sieht man, dass in den letzten drei Jahren der Rechtsextremismus nicht stärker geworden ist. Er ist aber mit Sicherheit auffälliger und präsenter geworden. Aber was mir auffällt, ist, dass die Menschen sensibler für das Thema und bereiter geworden sind, sich einzusetzen und Gesicht zu zeigen. Das ist eine Entwicklung, die ich sehr positiv bewerte.
Auf was werden Sie sich bei dem anstehenden Jubiläumsfest konzentrieren?
Wir werden zurückschauen, aber natürlich auch vorausschauen, was uns wichtig ist und wo es Bedarf gibt. Da ist zum einen der Bereich Schule. Wir werden die Frage stellen, wie man das Thema Rechtsextremismus in den Unterricht bringen kann. Es ist wichtig, Geschichte zu lehren, aber man muss auch den Blick in die Gegenwart richten und den Jugendlichen entsprechend Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Auch die Demokratieförderung und die Toleranzarbeit wollen wir stärker in Angriff nehmen.
Wie bewerten Sie die Bedeutung Ihrer verschiedenen Partner und die Zusammenarbeit mit ihnen?
Wenn man etwas tun will, kann das nur im engen Schulterschluss geschehen. Das heißt, dass die Verbindung von Politik, Zivilgesellschaft, Schulen, Medien, Wirtschaft und Kirche die beste Möglichkeit ist, etwas auf die Beine zu stellen. Wie gut das funktioniert, hat beispielsweise das Wunsiedler Forum gezeigt, wo wir mit dem bundesweiten Bündnis für Demokratie und Toleranz in Berlin eng zusammenarbeiten. Seit drei Jahren veranstalten wir das Forum gemeinsam mit dem BfDT und der Stadt Wunsiedel und bringen dort Politik und Zivilgesellschaft zusammen. Wir bieten damit eine Plattform für die Begegnung und den Erfahrungsaustausch. Beim Wunsiedler Forum haben wir gesehen, dass es sehr wohl funktionieren kann, alle an einen Tisch zu holen.
