08.01.2010
Interview mit Thomas Grumke zur dritten Ausgabe von „Andi”
Comic-Serie zu Demokratie und Extremismus
Die neue Ausgabe der Comic-Serie „Andi“, die vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen herausgegeben wird, ist gerade erschienen und wartet auf gespannte Leser. Nach „Andi 1“ (Rechtsextremismus) und „Andi 2“ (Islamismus) hat „Andi 3“ linksextremistische bzw. antidemokratische Agitationen zum Thema. Ihnen soll mit einer an die Lebenswelt von Jugendlichen angepassten Argumentation begegnet werden. Mit einer Mischung aus Information und Unterhaltung klärt „Andi“ Jugendliche über linksextremistische Propaganda und Verhaltensweisen auf. Dr. Thomas Grumke vom Innenministerium hat alle drei Ausgaben betreut. Im Interview erzählt er von der Erfolgsgeschichte der „Andi“-Serie.Herr Grumke, wer ist Andi?
Andi ist eine Comic-Figur, die wir 2004 entwickelt haben. Das Projekt ging los, als ich den Arbeitsauftrag bekam, etwas für Jugendliche zum Thema Rechtsextremismus zu machen. Dabei ist Andi entstanden.
Sie sind sozusagen der geistige Vater von „Andi“. Wie ist die Idee entstanden und was wollten Sie erreichen?
Im Laufe der Projektentwicklung wurde immer deutlicher: Wenn man Jugendliche als Zielgruppe erreichen möchte, muss man ein Stilmittel wählen, das junge Leute tatsächlich in die Hand nehmen. Also nicht die üblichen textlastigen Produkte, sondern etwas, das dem jugendlichen Interesse entspricht. Das Comicformat fand ich damals konkurrenzlos. Wir wollten die Themen Extremismus und Demokratie jungen Menschen näher bringen. Also auch den 12-, 13- und 14-Jährigen, die leider auch schon zur Zielgruppe von Extremisten gehören. Sie sollten Informationen an die Hand bekommen und sich mit dem Thema vertraut machen können.
An der Realisierung eines Projekts sind viele Personen beteiligt. Wie wurde die Idee umgesetzt?
Am Anfang stand die Grundidee. Dann gab es eine Ausschreibung für Zeichner, jeder musste eine vorgegebene Szene malen. Mit den drei Besten sind wir dann an fünf verschiedene Schulen gegangen. Wir haben bei Schülern zwischen der 8. und 10. Klasse aller Schulformen nachgefragt: wie die Themen Demokratie und Extremismus am besten zu vermitteln sind, welche Zeichnungen gefallen, wie die Jugendlichen andere Produkte finden, die vielleicht mehr Text enthalten. Da gab es eine sehr klare Mehrheit für den Künstler, der „Andi“ bis heute zeichnet: Peter Schaaff aus Düsseldorf. Dann ging es los. Beim ersten Heft habe ich tatsächlich die ganze Geschichte allein geschrieben, denn Rechtsextremismus ist mein Fachgebiet im Innenministerium. Die anderen sind in engster Zusammenarbeit mit meinen Kollegen aus den Bereichen entstanden, die entsprechende Fachkenntnisse haben.
Welches Feedback haben Sie bisher erhalten?
Die Resonanz ist überwiegend positiv. Das sieht man schon an den Zahlen. Seit 2005 wurden vom ersten Heft 380.000 Exemplare gedruckt, die jetzt fast alle weg sind. Das zweite Heft erschien 2007 mit mittlerweile 300.000 Exemplaren in der jetzt 3. Auflage. „Andi 3“ ist mit einer Startauflage von 100.000 erschienen.
Sehr viele Schulen nutzen die Hefte. Es gibt Schulbibliotheken mit Klassensätzen, die in jedem Jahrgang wieder verwendet werden. Wir werden auch häufig zu Vorträgen eingeladen. Darüber hinaus haben wir gemeinsam mit dem Schulministerium und mit Fachlehrerinnen und -lehrern eine Handreichung für den Politikunterricht zu „Andi 2“ erarbeitet. Die Stundenvorschläge und Arbeitsblätter werden gemeinsam mit dem zweiten „Andi“-Heft im Unterricht eingesetzt. „Andi 2“ ist also offizielles Unterrichtsmaterial in nordrhein-westfälischen Schulen.
Ich persönlich verbuche auch als positive Resonanz, dass sich die entsprechende Klientel, die in den Heften thematisiert wird, aufregt. Es ist für mich ein Zeichen von Erfolg, dass man da offensichtlich einen Nerv getroffen hat.
Der Einsatz für Demokratie und Toleranz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Welche Aufgaben übernimmt dabei das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen?
Die „Andi“-Hefte sind eine Veröffentlichung der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium Nordrhein-Westfalen. Wir sind sehr stark engagiert in der Prävention auf allen Ebenen, mit Veröffentlichungen und mit Veranstaltungen. In diesem Zusammenhang arbeiten wir mit Jugendlichen aber auch sehr viel mit Lehrkräften und Lehramtsanwärtern zusammen. Zum Beispiel in Studienkollegs, wo Lehrer spezielle Schulungen erhalten. Aber wir sind auch bei der Polizeifortbildung aktiv oder veranstalten Infotage mit der Landeszentrale für politische Bildung (LpB). In diesem Sinne verstehen wir uns als Akteure innerhalb dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.
Sie haben beim diesjährigen BfDT-Jugendkongress „Deutschland in bester Verfassung“ einen Workshop zu Demokratie und Extremismus geleitet. Wieso ist die Arbeit mit Jugendlichen so wichtig? Wie sehen sie die Rolle des BfDT bei dieser kontinuierlichen Arbeit?
Das Bündnis ist sehr wichtig. Es gibt wenige Institutionen, die so eine große Veranstaltung überhaupt auf die Beine stellen könnten. Das ist eine hervorragende Sache, besonders zum Verfassungstag. Da kommen Jugendliche zum Thema Demokratie und Grundgesetz zusammen, die das sonst sicher nicht erreichen würde. Ich habe das in meiner Gruppe gesehen. Die Jugendlichen kamen aus allen Ecken Deutschlands. Ich weiß, dass es dort, wo sie normalerweise wohnen, solche Angebote eben nicht gibt. Außerdem sind das genau die Altersgruppen, die auch von Extremisten stark ins Visier genommen werden. Deren spezielle aktionsorientierte Angebote zielen auf Jugendliche ab. Man spricht von der „Erlebniswelt Rechtsextremismus“, das kann man mit Abstrichen auch bei den anderen Extremismusformen so sehen. Dem muss etwas entgegen gehalten werden. Auch die Demokratie muss Angebote machen und zeigen, warum ihr der Vorzug zu geben ist vor dem Extremismus.
Mehr Informationen zum Comic gibt es unter

