08.07.2008

Ökumenische Initiative „Hingucken... denken... einmischen“

Wie aus verrückten Ideen im Engagement für ein weltoffenes und demokratisches Magdeburg Wirklichkeit wird

Foto: Preisträger Ökumenische Initiative „Hingucken... denken... einmischen“; Bistum MagdeburgFoto: Preisträger Ökumenische Initiative „Hingucken... denken... einmischen“; Bistum Magdeburg
von Christine Böckmann (Ökumenische Initiative „Hingucken... denken... einmischen")

Wenn Altbewährtes wenig verlockend ist, gibt es Raum für neue Ideen. So war es auch mit der Gründung der ökumenischen Initiative „Hingucken... denken... einmischen".

Es begann mitten in der Ferienzeit mit einem Skandal, bei dem die üblichen Reaktionsmuster nicht ausreichten: Ende Juli 2007 eröffnete ein Thor Steinar-Laden im Magdeburger Hundertwasserhaus, ein brauner Laden im bunten Haus, mitten zwischen Tourist/innen und Einheimischen. Dauernde Mahnwachen und Demos schienen wenig verlockend, es brauchte was Neues.

Eine gute Idee kam schnell, sie war allerdings etwas verrückt: ein eigener Laden im Hundertwasserhaus als Ort für den demokratischen Protest, mit Informationen über Thor Steinar, die rechtsextreme Szene und Symbolik. Diese Idee verband die acht Menschen, die sich z.T. gerade erst kennen lernten und anfangs wenig mehr gemeinsam hatten als den Willen, die Idee Wirklichkeit werden zu lassen.

Dann ging es schnell: Innerhalb von 48 Stundenwurde die Ausstellung eröffnet, und wir acht hatten einen Laden im Hundertwasserhaus. Anfangs war alles neu und ungewohnt; dann wurde es zum Alltag: die eigenen Stunden vor Ort, die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Unterstützer/innen und knapp 80 Ehrenamtlichen, Anfragen von außen, Besprechungen im Organisationsteam, nette und auch schwierige Besucher/innen. Insgesamt dreieinhalb Monate haben wir das so gemacht, dazu vier Abendveranstaltungen organisiert und zum Abschluss ein großes Konzert mit Gerhard Schöne im Magdeburger Dom.

Es war ein enormer Aufwand, der sich mit der Ausstellung verband: Allein die Ausstellungsbegleiter/innen waren über 1.000 Stunden dort präsent, die Arbeitsstunden von uns im Organisationsteam haben wir nie gezählt.

Doch es hat sich gelohnt: Insgesamt über 5.000 Besucher/innen kamen. Diese Begegnungen mit den Menschen im Laden waren das eigentliche Herzstück der Ausstellung: Menschen aus unterschiedlichsten Hintergründen diskutierten miteinander über aktuelle Ereignisse, die Opferzahlen rechtextremer Gewalt, die Wirksamkeit von Bundesprogrammen, Chancen und Risiken eines NPD-Verbotes, Unterschiede zwischen Ost und West... Es gab wohl kaum ein Thema im Themenkontext Rechtsextremismus und Proteste dagegen, das nicht in den Räumen der Ausstellung diskutiert wurde.

Zum Glück war bei all dem die Unterstützung zahlreich und ungewöhnlich: vom Kopier- bis zum Bioladen nebenan, Kirchen, engagierte Arbeitgeber und Trägerorganisationen, Ehrenamtliche, nette Besucher/innen, Finanzgeber...

Nach so viel Engagement und Arbeit in und mit der Ausstellung hatten wir uns eine Pause verdient - doch die neu entstandene Initiative fand neue Betätigungsfelder, weil es noch eine verrückte Idee gab, die es umzusetzen galt:

Und so fährt jetzt durch Magdeburg eine Straßenbahn, die unter dem Motto „Vielfalt gemeinsam erleben: einsteigen bitte!" humorvoll für die Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit und eigenen Stereotypen und Vorurteilen wirbt. Damit ist Magdeburg die wohl erste Großstadt, die mit einer Straßenbahn für Vielfalt wirbt.

Doch auch jetzt setzen wir uns noch nicht zur Ruhe: Die Bahn soll mit Aktivitäten „gefüllt" werden und so - ähnlich wie die Ausstellung im letzten Jahr - zu einer Plattform für zahlreiche Initiativen und Aktivitäten für eine menschenfreundliche Vielfalt in Magdeburg werden.

Fazit: Auch schon acht Menschen können gemeinsam etwas bewegen. Dazu braucht es:ausgefallene Ideen und den Mut, diese auch umzusetzen, Unterstützung von außen und eine Menge Zeit und Engagement. Doch es macht Spaß und lohnt sich! Und wir sind sicher: Sollten wir weitere kreative Ideen haben, werden wir uns nicht scheuen, sie in die Tat umzusetzen.



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