21.04.2010

Projektbericht Kinderstadt Dessopolis

Foto: Die Einwohner von Dessopolis (punkt e.V.)
Foto: Bei der Arbeit (punkt e.V,)
Foto: Neue Freunde (punkt e.V.)
Von Anja Günther (Vorstandsvorsitzende des punkt e.V.)

Eine Kinderstadt ist eine Stadt für Kinder, und zwar von Kindern und nur für Kinder. In dieser Stadt sollen sie sich frei bewegen und entfalten können, ihre Potenziale entdecken, selbstständig werden, Verantwortung für sich wahrnehmen und lernen und erleben, was politische Mitbestimmung, interkulturelle Toleranz und interreligiöses Verständnis bedeuten.
Dessopolis ist das einzige Kinderstadtprojekt in Dessau-Roßlau und fand 2007 zum ersten Mal statt. Von Anfang an war die Idee ein Erfolg – fast 800 Kinder besuchten im ersten Jahr an sieben Tagen die Stadt – und 2009 öffnete Dessopolis auf vielfachen Wunsch schon zum dritten Mal seine Tore, erstmalig zehn Tage lang. Zielgruppe sind Kinder zwischen 7 und 14 Jahren aus dem gesamten Raum Dessau-Roßlau und darüber hinaus. Für einen Euro inklusive aller Angebote wie Mittagessen, Snacks und Getränke, konnten die Kinder ihre Stadt erobern. Damit war sie vor allem auch ein Ferienangebot für Kinder, die zum Beispiel aus materiellen Gründen nicht mit ihren Familien in den Urlaub fahren konnten. Jeden Tag von 10 bis 17 uhr waren die Tore der Stadt geöffnet. Die Eltern mussten draußen bleiben und durften allenfalls in Führungen das kleine Reich ihrer Kinder besichtigen.

Die Idee zur Kinderstadt entstand 2006 bei der Gründung des Trägervereins punkt e.V. Viele Faktoren kamen zusammen, die für dieses Großunternehmen sprachen. Die Freude der Vereinsmitglieder an der kreativen Arbeit mit Kindern, der Mangel von Beteiligungsprojekten in der Region, die Unterstützung durch die Stadt Dessau-Roßlau, insbesondere durch das Jugendamt, und andere Kooperationspartner sowie die Begeisterung für die originelle Idee an sich gehörten zu den Hauptgründen, weswegen sich die erste Mitgliederversammlung für die Durchführung des Projektes entschied.

Natürlich war die Planung und Durchführung eines solchen Großprojektes enorm aufwändig, vor allem, wenn man bedenkt, dass alle Beteiligten rein ehrenamtlich tätig waren. Aber dank der Mitglieder des punkt e.V., vieler unermüdlicher Helfer, zahlreicher unverzichtbarer Projektpartner sowie natürlich der öffentlichen Geldgeber, Spender und Sponsoren konnte Dessopolis auch 2009 erfolgreich abgeschlossen werden.

Als die Stadt dann ihre Tore öffnete, hatte Dessopolis (fast) alles, was jede andere Stadt auch hat. Da gab es Läden, Dienstleister, jede Menge Ämter, ein Krankenhaus, eine Zeitung, einen Fernsehsender und so weiter. Wenn die Kinder in der Stadt ankamen, erhielten sie zunächst einen Bürgerpass sowie Begrüßungsgeld in der Dessopolis-Währung Desso und hatten nun die Qual der Wahl. Wollten sie zuerst in die Badeanstalt zum Schwimmen, sich etwas zu trinken kaufen, durchs Kaufhaus bummeln oder das Geld auf der Bank anlegen und zum Arbeitsamt gehen, um sich einen Job zu suchen? In den allermeisten Fällen entschieden sich die Kinder für die letzte Variante, da sie viel Spaß dabei hatten, sich in den fast 50 Berufen der Stadt auszuprobieren.

Durch die vielen verschiedenen Berufe, die die Kinder ausübten, lernten sie ganz neue Fähigkeiten, etwa Töpfern oder Unkraut jäten, und erhielten Einblick in verschiedene Berufsfelder. Sie konnten ihr handwerkliches Geschick in der Bildhauer-, Schmuck- oder Holzwerkstatt testen, ihr Interesse für die Medien beim Stadtfernsehen oder der Zeitung, ihre organisatorischen Fähigkeiten beim Veranstaltungsservice oder im Gasthaus und ihr Verkaufstalent im Kaufhaus oder in der Apotheke in die Tat umsetzen. Sie verstanden aber auch den Zusammenhang von Arbeit und Lohn. Sie begriffen, dass eine Leistung eine Gegenleistung erfordert, dass zur Herstellung von Produkten wie Kerzen oder Kuchen Rohstoffe notwendig sind, dass auch Dienstleistungen einen Geldwert haben und Bildung eine Voraussetzung für Arbeit und Verdienstmöglichkeiten ist.

Dank der vielen neuen Herausforderungen, denen sie sich so stellten, lernten die Kinder auch, wie wichtig und hilfreich es ist mit anderen zusammenzuarbeiten, um Probleme und schwierige Aufgaben zu lösen. Aussehen, sozialer Hintergrund, Sprache und selbst körperliche und geistige Behinderungen spielten keine Rolle, denn gemeinsam galt es, das Leben der Erwachsenen spielerisch zu erproben.

Für uns als Veranstalter das größte Lob: Auch nach der dritten Kinderstadt waren sich die Kinder einig – Dessopolis soll wiederkommen! Diesen Wunsch zu erfüllen ist unser Anliegen und wir freuen uns dabei über jede Unterstützung und natürlich ganz besonders über den Preis im Wettbewerb Aktiv für Demokratie und Toleranz.

Weitere Infos auf Interner Linkwww.punkt-ev.org und Interner Linkwww.dessopolis.de.
Wir danken allen Beteiligten für ihr großartiges Engagement!