15.10.2009
Woche des bürgerschaftlichen Engagements vom 2. bis 11. Oktober 2009
Im Interview: Prof. Thomas Olk
Vom 2. bis zum 11. Oktober 2009 war die Woche allderjenigen, die mit ihrem persönlichen Einsatz Tag für Tag die Welt ein
bisschen besser machen: die 23 Millionen ehrenamtlich Aktiven in Deutschland! Das
Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) organisiert jedes Jahr die
Woche des Bürgerschaftlichen Engagements, die diesmal über 1000 Veranstaltungen
zu bieten hatte. Das BBE ist ein Zusammenschluss vieler verschiedener Vereine,
Verbände, Initiativen und Organisationen aus den gesellschaftlichen Sektoren
Staat und Kommunen, Wirtschaft und Arbeitsleben und Bürgergesellschaft. Gemeinsam
arbeiten ihre Vertreter daran, die Rolle des bürgerschaftlichen Engagements und
der gesellschaftlichen Verantwortung jedes einzelnen zu stärken. Der
Vorsitzende des BBE-Sprecherrates und BfDT-Beiratsmitglied Prof. Thomas Olk
über die Highlights der Woche des bürgerschaftlichen Engagements und die
Bedeutung von Ehrenamt für die Gesellschaft.
Professor Olk, Sie
sind Vorsitzender des Sprecherrates des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches
Engagement. Was tut das BBE für das zivilgesellschaftliche Engagement in
Deutschland?
Das BBE ist ein ganz besonderes Netzwerk, es hat Mitgliedsorganisationen
aus allen drei Bereichen der Gesellschaft - Zivilgesellschaft, Staat und
Wirtschaft. Das heißt, das unsere Hauptaufgabe darin besteht, diese drei
Bereiche und ihre Akteure zum Thema Bürgergesellschaft zu vernetzen und dabei
zu unterstützen, geeignete Maßnahmen für eine starke Zivilgesellschaft zu
ergreifen. Es geht darum, die Bedingungen für ehrenamtliche Arbeit zu
verbessern, nicht nur durch klassisches Lobbying.
Jedes Jahr
organisiert das BBE die größte Freiwilligen-Offensive Deutschlands: die Woche
des Bürgerschaftlichen Engagements. Was sind deren Ziele?
Die Woche des bürgerschaftlichen Engagements ist entwickelt
worden, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass das bürgerschaftliche
Engagement auf der lokalen Ebene zwar durchaus in der öffentlichen Diskussion
und auch in den Medien vorkommt. Überörtlich ist es aber lange Zeit eher ein
Nicht-Thema gewesen. Deshalb haben wir gesagt, wir brauchen eine bundesweite
Woche, bei der wir zum Einen zeigen, welche Aktivitäten und Aktionen in diesen
Bereichen laufen und die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren. Gleichzeitig
wollen wir die Ehrenamtlichen und ihre Organisationen wertschätzen, „danke"
sagen und so eine Anerkennungskultur etablieren.
Das diesjährige Motto
der Woche war das Engagement von Jung und Alt. Was unterscheidet die
verschiedenen Generationen beim zivilgesellschaftlichen Engagement? Welche
Bedeutung haben sie für eine lebendige und tolerante Gesellschaft?
Man kann sagen, alle Altersgruppen engagieren sich in hohem Maße in der
Zivilgesellschaft. Dabei ist die Quote der jungen Menschen, also der 16- bis
25-jährigen mit 27% die höchste. Das hat man vor dem ersten Freiwilligensurvey,
der im Auftrag des Bundesfamilienministeriums von Infratest durchgeführt wird, nicht
gewusst. Die zweite Welle des Survey zwischen 1999 und 2004 hat gezeigt, dass
das Engagement bei älteren Menschen aber sehr stark anwächst, so dass man sagen
kann, dass sie sich mittlerweile fast in gleichem Maße am Engagement beteiligen
wie die anderen Altersgruppen. Dennoch ist klar, dass die Themen und die Organisationsformen
durchaus unterschiedlich sind.
Uns kommt es bei dem diesjährigen Motto nicht darauf an,
dass Engagement von jungen und alten Menschen getrennt von einander zu
würdigen. Es geht viel mehr darum, gerade die Aktivitäten hervorzuheben, bei
denen die verschiedenen Generationen etwas zusammen tun. Also sowohl Projekte,
wo junge Menschen mit alten arbeiten. Zum Beispiel Schulklassen, die
Besuchsdienste im Altenheim durchführen oder Älteren den Umgang mit Handy und
Computer beibringen. Oder umgekehrt, wo ältere Menschen als Lesepaten oder
Berater im Bereich Bildung und Beruf etwas für junge Menschen tun. Es kam uns
besonders darauf an, diese Beispiele in der Öffentlichkeit bekannter zu machen,
dafür zu werben und ihnen auf diese Weise Wertschätzung entgegen zu bringen.
Können Sie uns einige
Höhepunkte der diesjährigen Woche des Bürgerschaftlichen Engagements nennen?
Einerseits spielen zentrale Veranstaltungen eine Rolle. Am
ersten Tag der bundesweiten Woche findet jedes Jahr im „Tipi", dem Kanzlerzelt
in Berlin als eines der Highlights eine große Auftaktveranstaltung statt, die
in den Medien auch immer breit rezipiert wird. Dort haben wir ein kombiniertes
inhaltliches Diskussions- und Showprogramm. Auf der anderen Seite haben wir auf
der lokalen Ebene die Aktivitäten, die unter dem Dach der bundesweiten Woche
versammelt werden, wie Freiwilligentage oder Tage der offenen Tür von
bestimmten Organisationen. Unternehmen machen oft sogenannte „days of caring",
bei denen sie Freiwilligenprojekte für ihre Mitarbeiter organisieren, wie zum
Beispiel einen Kindergarten renovieren oder einen Spielplatz wieder in Stand
setzen. Auch in den Bundesländern geschieht oft etwas, zum Bespiel dieses Jahr
in Rheinland-Pfalz, wo eine große Gala von der Staatskanzlei und den
entsprechenden Arbeitsstellen veranstaltet wurde. Die Veranstaltungen werden
alle unter dem Dach der bundesweiten Woche durchgeführt, in einer Datenbank
zusammengefasst und für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So
wird auch der beabsichtigte geballte Öffentlichkeitseffekt hergestellt. Die
Resonanz in den Medien wird von Jahr zu Jahr besser.
Jeder dritte in
Deutschland ist bereits ehrenamtlich aktiv. Wie bewerten Sie das bürgerschaftliche
Engagement in Deutschland?
Jetzt ist natürlich die Frage: Ist das viel oder wenig? Das
weiß man, wenn man einen internationalen Vergleich heranzieht. Mit den 36%, die
der zweite Freiwilligensurvey erbracht hat, liegen wir im oberen Mittelfeld in
der Welt und in Europa. Es gibt Länder wie die USA oder Norwegen, wo die Quote
noch höher ist, aber auch Länder, in denen sie weit niedriger liegt. Ein gut
ausgebauter Sozialstaat ist die Grundlage für bürgerschaftliches Engagement.
Man kann sagen, je mehr ein Land Wohlfahrtsstaat ist, desto stärker das
bürgerschaftliche Engagement.
Sie sind auch
Beiratsmitglied beim Bündnis für Demokratie und Toleranz. Inspirieren sich die
Tätigkeiten gegenseitig?
Ich glaube, meine Mitgliedschaft beim BfDT hat den Sinn,
eine Brücke zu bauen und das Bündnis zu verknüpfen mit den Aktivitäten des
Bundesnetzwerkes. Im Mittelpunkt steht die Kommunikation zwischen beiden. Der
Einsatz für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz spielen auch im
Bundesnetzwerk eine ganz zentrale Rolle, wobei das einige Themen von sehr
vielen sind. Ich finde gut und wichtig, dass es ein Bündnis gibt, das sich
genau damit beschäftigt. Gut vorstellbar ist, dass man in Zukunft noch stärker
gemeinsame Aktivitäten in diesen Feldern entwickelt, die Kräfte beider Netzwerke
bündelt und so noch sichtbarer wird.

