24.10.2011

Zehn Jahre Gedenkstätte des Konzentrationslagers Ahrensbök

Monika Metzner-Zinßmeister berichtet, wie sie Jugendlichen die Geschichte ihrer Region nahebringt.

Foto: Der Eingang zur Gedenkstätte (Metzner-Zinßmeister)
Logo: Gedenkstätte Ahrensbök (Metzner-Zinßmeister)
Foto: Metzner-Zinßmeister begrüßt Gäste der Jubiläumsveranstaltung (Metzner-Zinßmeister)
Foto: Das Internationale Jugendsommerlager (Metzner-Zinßmeister)
Vor zehn Jahren gründete der Trägerverein der Gedenkstätte Ahrensbök die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers, das heute als eines von wenigen erhaltenen Lagern in Schleswig-Holstein an die Geschichte des Nationalsozialismus erinnert. 2006 wurde der Trägerverein, der inzwischen über 70 Mitglieder zählt, mit dem Preis „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ des Bündnisses für Demokratie und Toleranz (BfDT) ausgezeichnet. Mit dem Preisgeld von 3000 Euro konnten in dem am Anfang stark baufälligen Gebäude notwendige Sanierungsarbeiten vorgenommen werden, sodass die Gedenkstätte nun auch wieder während der kalten Wintermonate seine Türen für Interessierte öffnen kann. Über das fortdauernde Engagement des Trägervereins berichtet deren Vorsitzende Monika M. Metzner-Zinßmeister.

Frau Metzner-Zinßmeister, die Gedenkstätte Ahrensbök hat gerade ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Was hat sich in dieser langen Zeit verändert?


Zu Beginn war das Gebäude baufällig und musste renoviert werden. Seitdem hat sich viel verändert. Seit Jahren halten wir nun die Gedenktage ein, wie zum Beispiel den 27. Januar, den internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocausts. Da kommen jedes Jahr Schulen aus der Region in die Gedenkstätte, um gemeinsam der Opfer zu gedenken. Wir stellen dabei auch Berichte von Leuten vor, die die Befreiung von Auschwitz miterlebt haben. Ein anderer Gedenktag ist der Tag der Reichspogromnacht. Da laden wir junge Leute in die Kirche in Ahrensbök ein, wo sie unter unserer Anleitung den Gottesdienst selbst gestalten können. Dort werden oft Texte von Überlebenden vorgelesen.

Was passierte damals im Konzentrationslager Ahrensbök?


Von 1933 bis 1934 war hier ein frühes Konzentrationslager, ein sogenanntes „wildes Konzentrationslager“. Hier wurden gleich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten alle Leute eingesperrt, die nicht in deren Weltbild passten: Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kommunisten, aber auch Zeugen Jehovas oder Industrielle, die sich gegen die Nationalsozialisten ausgesprochen haben. Das war der Anfang des Nationalsozialismus. Aber auch das Ende können wir hier in Ahrensbök darstellen: 1945 kam ein Todesmarsch aus Auschwitz mit ungefähr 500 Häftlingen durch Ahrensbök.

Was ist das Ziel Ihrer Arbeit?


Unsere Aufgabe lautet, insbesondere jungen Menschen zu zeigen, was während des Zweiten Weltkrieges regional passierte: Vor den Haustüren ihrer Eltern beziehungsweise Großeltern. Dazu gehört auch das Thema Zwangsarbeit. In Ahrensbök waren damals über 1000 Menschen aus vielen Teilen Europas zur Zwangsarbeit verdonnert. Ein weiteres Thema ist nationalsozialistische Bildung am Beispiel Ahrensböks. Hier gab es eine Lehrerinnenbildungsanstalt, in der junge Lehrerinnen damals im Sinne der NS-Ideologie unterrichtet wurden.

Zehn Jahre sind Sie nun schon aktiv. Was war der Höhepunkt Ihrer Arbeit?


Unser jährlicher Höhepunkt ist das Internationale Jugendsommerlager. Da kommen viele junge Menschen aus weiten Teilen Europas, um uns beim Erhalt der Gedenkstätte zu helfen. Wir machen auch Veranstaltungen mit Zeitzeugen. Die einzuladen, wird immer schwieriger. Bei unserer Zehnjahresfeier haben wir einen Sohn von Zwangsarbeitern eingeladen, der in Ahrensbök geboren wurde. Die Zeitzeugen werden immer mehr zu Söhnen und Töchtern. Aber auch die sind Überlebende.
Neben den Gesprächen versuchen wir auch zu zeigen, dass das, was damals im Dritten Reich geschah, heute immer noch in vielen Teilen der Welt geschieht. Was damals geschah, kann heute in ähnlicher Form wieder passieren.

Mit welchen Hindernissen hatten Sie zu kämpfen?


Zu Beginn unserer Arbeit haben wir Drohbriefe und Drohanrufe bekommen. Der Vorsitzende des Trägervereins und ein Referent wurden bedroht. Aber das hat abgenommen und wirklich massiv waren die Bedrohungen nie.

In Ihrer Gedenkstätte geht es ja nicht nur um Erinnerung. Sie setzen sich auch für Zivilcourage ein, zum Beispiel zusammen mit einem anderen Gewinner des Preises „Aktiv für Demokratie und Toleranz“, dem Ehepaar Lohmeyer aus Jamel, das am 23. Mai 2011 zusätzlich zum Tag des Grundgesetzes als „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet wurde.


Ja, seit ein paar Jahren laden wir jeden Sonntag zum Gespräch in unsere Gedenkstätte ein. Das Ehepaar Lohmeyer haben wir eingeladen, um den Spagat zwischen Erinnerung und Zivilcourage hinzubekommen. Es ist erschreckend, dass es immer noch junge Menschen mit braunem Gedankengut gibt. Wir wollen zeigen, dass es Leute gibt, die dagegen angehen. Wenn wir Schulklassen durch das Haus führen, versuchen wir das Thema immer auf Zivilcourage zu lenken.

Wie reagieren die Schüler auf diese Führungen? Gibt es Unterschiede, die sich über die Jahre hinweg beobachten lassen?


Es ist erfreulich zu sehen, dass es in jeder Generation immer wieder junge Menschen gibt, die sich sehr für das Thema interessieren. Wir machen auch Projektarbeit an den Schulen. Natürlich gibt es da auch immer Leute, denen das Thema eigentlich egal ist.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?


Je erfolgreicher wir werden, desto mehr möchten wir auch machen. Momentan sind ungefähr zwölf Mitglieder unseres Vereins ehrenamtlich aktiv. Wir haben aber festgestellt, dass die ganze Arbeit ehrenamtlich nicht mehr zu schaffen ist. Wir hoffen sehr, dass wir Kulturschaffende und Vertreter der Landesregierung davon überzeugen können, dass man für die KZ-Gedenkstätten in Schleswig-Holstein Stellen einrichtet, damit die ganze Arbeit nicht von wenigen Ehrenamtlichen alleine getragen werden muss. Daran arbeiten wir im Augenblick.

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