14.07.2010

Die Ausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden – Juden im deutschen Fußball“ zieht weiter

Auf den Pfaden der deutschen Fußballgeschichte

Foto: Abschlussveranstaltung zur AusstellungFoto: Abschlussveranstaltung zur Ausstellung
Foto: Abschlussveranstaltung zur Ausstellung
Foto: Abschlussveranstaltung zur Ausstellung
Vom 25. Februar bis zum 12. Juli gastierte die Wanderausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden – Juden im deutschen Fußball“ in der Geschäftsstelle des Bündnisses für Demokratie und Toleranz (BfDT). Die Ausstellung wurde von Schulklassen und Fußballinteressierten besucht und am 1. Juli in einer Abschlussveranstaltung diskutiert. Wir danken den Kuratoren des Centrum Judaicum und den Verleihern der evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau, dass die Ausstellung fünf Monate lang in den Räumlichkeiten des BfDT zu Gast sein konnte!

Fußballbegeisterte gibt es viele, insbesondere dieser Tage kurz nach dem Ende der WM und den beeindruckenden Leistungen der deutschen Mannschaft in Südafrika. Doch nur die wenigsten kennen die Anfangsgeschichte des deutschen Fußballs und wissen, welche große Rolle jüdische Fußballspieler und Funktionäre darin gespielt haben. Die Ausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden“ will diese Wissenslücke schließen und porträtiert die Geschichte jüdischer Fußballgrößen vor, während und nach dem Nationalsozialismus. Spieler wie Julius Hirsch oder Gottfried Fuchs waren zu Anfang des 20. Jahrhunderts ebenso große Stars wie heute Thomas Müller oder Miroslav Klose. Fuchs schoss während der Olympischen Spiele 1912 legendäre zehn von insgesamt 16 Toren gegen Russland – ein bis heute ungebrochener Rekord. Sepp Herberger nannte ihn „mein Idol“ und den „Franz Beckenbauer meiner Jugendzeit“. Dennoch gerieten die Spieler weitestgehend in Vergessenheit, nachdem sie ab 1933 zunächst als Juden diffamiert, aus den Vereinen ausgeschlossen und später verfolgt und ermordet wurden. Auch Walther Bensemann ist überwiegend unbekannt, obwohl er wahre Pioniersarbeit für den deutschen Fußball leistete. Auf einem Schweizer Internat lernte er den Fußballsport durch englische Mitschüler kennen. Mit seiner Begeisterung machte er den Fußball in Deutschland bekannt, hob zahlreiche Vereine aus der Taufe – darunter die Vorläufer des Eintracht Frankfurt und FC Bayern München – und gründete die Zeitschrift „Kicker“. Der deutsche Fußball hat diesen Männern viel zu verdanken.

Doch nicht nur die Vergangenheit wird in der Ausstellung porträtiert, sondern auch ein Bogen in die Gegenwart gespannt. Auch heute noch gibt es Ausgrenzung, Diskriminierung und Antisemitismus im deutschen Fußball, wie erschreckende Bilder von antisemitischen Schmierereien und Neonazis in Fußballstadien belegen. Dagegen gilt es, konsequent anzugehen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Bei der Abschlussveranstaltung am 1. Juli kamen Thomas Hafke, Leiter des Fan-Projekts Bremen, Vernen Liebermann, Fußballspieler beim jüdischen Verein TuS Makkabi Berlin, Klaus Schultz, Diakon der evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau und Dr. Gregor Rosenthal, Geschäftsführer des BfDT zusammen, um über Diskriminierung im Fußball und über Formen zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Antisemitismus und Rassismus im Umfeld des Sports zu diskutieren. Klaus Schultz stellte in einem kurzen Vortrag die Geschichte der Ausstellung dar, Thomas Hafke berichtete von seiner Anti-Diskriminierungsarbeit sowie einem selbstorganisierten deutsch-israelischen Fan-Austausch und Vernen Liebermann schilderte seine Erfahrungen mit antisemitischen Übergriffen auf dem Fußballplatz, die er leider bei einem Spiel in Brandenburg im Jahr 2006 machen musste. Dr. Gregor Rosenthal beschrieb die Arbeit des BfDT und der DFB-Arbeitsgruppe gegen Diskriminierung und für mehr Toleranz im Sport. Einen ausführlichen Bericht zur Diskussionsrunde finden Sie Interner Linkhier.

Abschließend war man sich einig, wie wichtig Maßnahmen gegen Rechtsextremismus im Fußball seien und wie viel Aufklärungs- und Jugendarbeit in den Vereinen bewirken könne. Der Blick auf die deutsche Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, Diskriminierung und Ausgrenzung schon in ihren Anfängen zu verhindern. „Heute weiß man, Fußball trägt auch gesellschaftliche Verantwortung“, sagte Klaus Schultz. Die bunt gemischte DFB-Nationalmannschaft ist das beste Beispiel dafür, wie positiv und nutzbringend sich eine gelungene Integration gerade im Sport auswirken kann. Bei hochsommerlichen Temperaturen, Brezeln und gekühlten Getränken ließ man die Diskussion ausklingen, besichtigte die Ausstellung und lobte das Spiel der deutschen WM-Elf in Südafrika.

Die Schülerinnen und Schüler, die sich in den vergangenen fünf Monaten die Ausstellung im BfDT angesehen haben, waren immer wieder überrascht, wie groß die Rolle der Juden im deutschen Fußball war und wie wenig man heute darüber weiß. Umso wichtiger ist es, dass an diese Ursprünge des Lieblingssports der Deutschen erinnert wird. Die Ausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden“ leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.