09.09.2009

Sommeruniversität gegen Antisemitismus vom 7.-9. September 2009

Extremismus oder gesellschaftliche Mitte? Dimensionen und Erscheinungsformen des aktuellen Antisemitismus

Foto: F. Ehricht (Miphgasch e.V.); D. Meiser (BfDT), C. Durmosch u. S. Radosch-Hinder (beide Jerusalemkirche; v.l.)
Foto: Studenten beim Workshop "Best-Practice-Projekte gegen Antisemitismus
Die vierte Sommeruniversität des Zentrums für
Antisemitismusforschung
(ZfA) der TU Berlin ist zu Ende gegangen.
Unter dem Thema „Extremismus oder gesellschaftliche Mitte? Dimensionen und
Erscheinungsformen des aktuellen Antisemitismus" fanden drei Tage lang
Vorlesungen, Seminare und Workshops in den Räumen der Mathematik und im
TU-Hauptgebäude statt. Partner der Sommeruni waren in diesem Jahr wieder das
Bündnis für Demokratie und Toleranz
(BfDT) und die Hans-Böckler-Stiftung. Neben anerkannten
wissenschaftlichen Experten
wie Prof. Dr. Wolfgang Benz,
Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität
Berlin und BfDT-Beiratsmitglied und Prof. Dr. Richard Stöss von
der Freien Universität Berlin waren auch Praktiker aus der Zivilgesellschaft
als Referenten eingeladen.

Die Sommeruniversität beleuchtet jedes Jahr unterschiedliche
Aspekte des Antisemitismus und der Minderheitenforschung. Dabei sollen
stereotype Prägungen und Rollenbilder im Kultur- und Geschichtsbewusstsein
aufgedeckt und dekonstruiert werden, um einen ideologiefreien Diskurs zu
ermöglichen. Wichtig dafür ist es, in einem ersten Schritt kognitives Wissen zu
vermitteln. In den Vorträgen wurden historische Entwicklungen und aktuelle
Erscheinungsformen des Antisemitismus unter verschiedenen Aspekten betrachtet. Zum
Beispiel befassten sich die Teilnehmer unter der Leitung von
Integrationsexpertin der Berliner Grünen Dr.
Britta Marschke
mit Revisionismus und Trivialisierung des Holocaust und mit
Israelhass bei jugendlichen Migranten. Dr.
Juliane Wetzel
vom ZfA und Geschäftsführende Redakteurin des Jahrbuchs für
Antisemitismusforschung referierte über das Bild Israels in den Medien.

In den Workshops sollten dann vor allem Multiplikatoren
erreicht werden, die auf unterschiedliche Weise mit dem Thema Antisemitismus
verbunden sind. Viele Studenten, Lehrer, Sozialarbeiter, Journalisten,
Funktionsträger von Parteien oder Gewerkschaften und Wissenschaftler aus
verschiedensten Bereichen nahmen an den Workshops teil, um ihre jeweilige
Arbeit mit neuen Erkenntnissen zu bereichern. In den Seminaren war ihre
Initiative gefragt, um die Diskussionen ergebnisorientiert und praxisnah zu
gestalten. Auch der Workshop „Best-Practice Projekte gegen Antisemitismus", der
am Montag und Dienstag durchgeführt wurde, fand großen Zulauf. Der Workshop stellte
beispielhafte Projekte zum Thema Antisemitismus in den Mittelpunkt und wurde
von Dennis Meiser von der
BfdT-Geschäftsstelle inhaltlich vorbereitet und moderiert. Dazu hatte das BfDT Franziska Ehricht von Miphgasch/Begegnungen e.V. und Silke Radosch-Hinder sowie Chalid Durmosch von der „Jerusalemkirche
- Forum für interreligiöse Bildung" eingeladen. Die Gäste stellten ihre
Projekte vor allem unter dem Aspekt Projektentwicklung vor und erzählten von
ihrer Arbeit, die sich hauptsächlich an Jugendliche wendet. Dazu bieten beide
Initiativen unter anderem Projekttage in Schulen und mit Jugendgruppen an.
Miphgasch, das gute internationale Kontakte pflegt, veranstaltet außerdem regelmäßig
Begegnungen mit Zeitzeugen des Holocaust. Franziska Ehricht stellte fest:
„Allein das Wissen um die Verbrechen im Nationalsozialismus reicht nicht, um
gegen Antisemitismus und Rassismus zu immunisieren." Auch Vorträge und reine
Informationsveranstaltungen seien nicht genug. Deshalb seien besonders die
persönlichen Begegnungen zwischen den Überlebenden und den nächsten
Generationen entscheidend und brächten allen Beteiligten viele wichtige und
intensive Momente.

Auch die Jerusalemkirche setzt vor allem auf Kommunikation
zwischen den unterschiedlichen Partnern. Sie wollen junge Erwachsene der
verschiedenen Religionen einander näher bringen. Auf Projekttagen vermitteln
sie den Teilnehmern deshalb vor allen Dingen Wissen und Kenntnisse. Oft kommt
es dabei darauf an, die komplexe Vermischung von Tradition, Ideologie, Politik
und Religion in den Köpfen der Jugendlichen aufzulösen und über religiöse
Hintergründe aufzuklären. Sie sollen in Workshops Konfliktfähigkeit und
Kompetenzen zur Argumentation entwickeln. In einem Workshop zum Nahostkonflikt
werden die Jugendlichen deshalb in simulierte Situationen versetzt, die sie
selbstständig bewältigen müssen. Das Besondere der Workshops der
Jerusalemkirche sind die Trainer, die immer im Tandem auftreten. Für die
Nahostkonflikt -Workshops werden deshalb immer Moderatoren mit
israelisch-jüdischen und palästinensisch-muslimischen Hintergrund eingesetzt.
Die Jugendlichen erleben so hautnah, dass interreligiöser Dialog nicht von
Streit und Hass geprägt sein muss, sondern auch Toleranz und gegenseitiges
Verständnis bedeuten kann.

Ziel des BfDT ist es, gute Konzepte nach dem Best-Practice-Gedanken
weiterzuvermitteln. Beim Workshop „Best-Practice Projekte gegen Antisemitismus"
wurden viele Impulse gegeben, wie die Auseinandersetzung mit Antisemitismus
aussehen kann und wie bereits bewährte Aktivitäten auf andere Bereiche und
Regionen übertragen werden können. Durch die Diskussion wurden den Teilnehmern
viele Perspektiven zu eröffnet, das Gelernte und Gehörte mit nach Hause zu
nehmen und auch auf die eigene Arbeit anzuwenden.


Interner LinkHomepage des Zentrums für Antisemitismusforschung