08.09.2009
Talkrunde „Jugend im Gespräch“ am 13. Juli 2009 im BfDT
„Alles normal?! – Deutsch-Israelisch-Jüdische Beziehungen“

Die teilnehmenden Schüler der Liebfrauenschule aus Berlin-Charlottenburg und der Boyer High School Jerusalem befanden sich zur Zeit in der ersten Phase eines Schüleraustauschs, bei dem die israelischen Gäste Deutschland besuchen. Im nächsten Teil im September werden die deutschen Jugendlichen nach Israel fahren und dort die Familien und den Alltag ihrer Tauschpartner kennenlernen. Auch die Schüler des Berliner Canisius-Kollegs nahmen an der Talkrunde teil, die einen Höhepunkt des Schüleraustauschs darstellte. Sie planen ebenfalls einen Israel-Aufenthalt für den kommenden Herbst, das Gespräch war Teil ihrer Vorbereitung darauf.
In seinen Begrüßungsworten wies Dr. Gregor Rosenthal auf das vielfältige Engagement in Deutschland gegen Rassismus hin: „130 Initiativen gegen Antisemitismus sind bei uns verzeichnet, 70 davon konnten wir für ihren vorbildlichen Einsatz im Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ auszeichnen.“ Trotzdem käme es darauf an, diesen Einsatz konstant weiterzuführen und vor allem junge Menschen als Zielgruppe anzusprechen. Deshalb sei gerade ein Schüleraustausch wie der der Berliner Liebfrauenschule und der Boyer High School Jerusalem wichtig.
Ilan Mor sprach unter anderem über die politische Realität Israels und seiner Beziehung zu Deutschland, die durch den Holocaust historisch geprägt ist. „Eine Säule des Erinnerns“ solle die Gemeinschaft tragen. So entstehe auch ein neues Kapitel bilateraler Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Auch Ilan Mor ging auf die Bedeutung des internationalen Schüleraustauschs für die politische und gesellschaftliche Zukunft ein. Er verglich die jetzige Begegnung der Jugendlichen miteinander mit einem Keim, der einmal gesetzt und gepflegt, viele Früchte tragen könne.
„Ich bin wie ein kleiner Junge“, sagte Isaak Behar, „ich habe noch Träume: Dass es eines Tages normale Beziehungen zwischen den Deutschen und den Juden geben wird. Ich weiß aber aus Erfahrung, denn ich habe Kinder und Enkel, es wird Generationen dauern.“ Behar machte im Gespräch immer wieder deutlich, wie wichtig der Kampf gegen das Vergessen ist. Klischees zu entlarven und rassistischen Vorurteilen entschieden entgegenzutreten ist eine Herzensangelegenheit für ihn. Er engagiert sich vielfältig, unter anderem erzählt er seit fast 20 Jahren Schülern, Polizei-Auszubildenden oder Bundeswehrrekruten als Zeitzeuge von der NS-Zeit. Dafür wurde Isaak Behar im Mai diesen Jahres vom Bundesminister des Innern Dr. Wolfgang Schäuble und der Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries als Botschafter für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet.
In bewegenden und persönlichen Worten ging Behar auch auf jede einzelne Frage der jugendlichen Teilnehmer der Talkrunde ein. Die Schüler beteiligten sich sehr aktiv und brachten viele verschiedene Themen auf den Tisch, die ihnen wichtig waren. Es wurde diskutiert, wie dem Antisemitismus mit demokratischen Mitteln begegnet werden kann und was Verbote bringen. Es wurde über den Zweck und Nutzen historischen Erinnerns gesprochen und darüber, welchen Beitrag nachfolgende Generationen leisten können. „Toll war, dass immer auch auf aktuelle Fragestellungen eingegangen wurde, zum Beispiel auf das Bild Israels in den Medien“, meinte Fiona aus der 11. Klasse der Liebfrauenschule im Anschluss an die Veranstaltung. Auch ihre Mitschülerin Sarah lobte die Talkrunde: „Ich fand besonders gut, dass die verschiedenen Repräsentanten unterschiedliche Meinungen hatten. Das machte das Gespräch interessant und ihre Positionen glaubwürdig.“
„Nicht nur über den Shoa, über unseren Alltag, unsere Ansichten wollen wir den Dialog suchen“, meinte Amit Ben Yaakov, Lehrerin der Boyer High School. „Deshalb ist diese Delegation deutscher und israelischer Schüler besonders. Das Gespräch war die ideale Zusammenfassung für unseren zweiwöchigen Besuch.“ Sie freue sich schon jetzt, die Teilnehmer in Jerusalem wiederzusehen.
