18.06.2013
Festakt/ Auszeichnung "Botschafter" 2013
Am 23. Mai 2013, dem Tag des Grundgesetzes, wurden die Botschafter/-innen für Demokratie und Toleranz im Rahmen eines großen Festaktes ausgezeichnet.Der Jugendkongress 2013 neigte sich am 23. Mai mit einem großen Festakt im delphi-Filmpalast langsam dem Ende zu. Trotzdem stand der eigentliche Höhepunkt des Tages noch bevor. Die Verleihung der Auszeichnung „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ 2013 fand im feierlichen Rahmen und mit über 600 geladenen Gäste statt.
Mit der öffentlichen Würdigung von Initiativen und Personen für eine demokratische und tolerante Gesellschaft in Deutschland setzt das Bündnis ein klares Zeichen gegen Extremismus und Gewalt. Stellvertretend für die über 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger, die sich in ganz besonderer Weise ehrenamtlich für die Zivilgesellschaft und Zivilcourage einsetzen, wurden die diesjährigen Botschafter von Cornelia Rogall-Grothe, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, von Dr. Birgit Grundmann, Staatssekretärin des Bundesministeriums der Justiz und durch die Mitglieder des Beirats des BfDT Leo Monz, Christian Petry und Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast ausgezeichnet.
Die Preisträger/-innen waren AkuBiZ e.V., Herr Ulrich Hauser, Frau Waltraud Klingbeil, die Malteser Migranten Medizin (MMM) am Marienhospital in Darmstadt und Herr Ismail Öner.
AKuBiZ e.V.
Der Verein AKuBiZ (Alternatives Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz) e.V. aus Pirna wurde 2001 gegründet und setzt sich seitdem aktiv und kreativ mit den Themen Rassismus und Antisemitismus auseinander. Neben Vorträgen, Seminaren und Kulturfesten veranstaltet der Verein seit 2006 erfolgreich einen Antirassistischen Fußball-Cup in der Sächsischen Schweiz und ein Solidaritätskonzert für die Asylsuchenden im Landkreis. Der Verein ist außerdem im Bereich der Opferhilfe tätig und hat zahlreiche Publikationen wie Flyer, Broschüren und Comics zum Thema Rechtsextremismus mit regionalem Bezug veröffentlicht.
AkuBiZ e.V. arbeitet intensiv mit regionalen und überregionalen Kooperationspartnern zusammen und ist Mitglied im Netzwerk Tolerantes Sachsen. Für sein Engagement wurde der Verein bereits mehrfach ausgezeichnet. Bereits drei Mal erhielt AKuBiZ e.V. den Preis "Botschafter der Toleranz" der Bundesregierung, den das Bundesministerium des Innern verlieh, zwei Mal den Preis "Ausdrucksstark gegen Rechts" und 2006 den Ehrenamtspreis des Landkreises Sächsische Schweiz.

Ulrich Hauser – Kampagne "Mut gegen rechte Gewalt"
Ulrich Hauser ist Journalist und Initiator der stern-Kampagnen "Familien in Not" und "Mut gegen rechte Gewalt".
"Mut gegen rechte Gewalt" wurde im Jahr 2000 als Reaktion auf das Ansteigen rechter Gewalt ins Leben gerufen. Die stern-Geschäftsführer Thomas Osterkorn und Andreas Petzold bitten seitdem ihre Leser/-innen, sich auch finanziell für friedliche und kreative Initiativen gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland stark zu machen. Die Spendengelder fließen an die Amadeu Antonio Stiftung, die sie an kleine Initiativen weitergibt. Bislang wurden mit über 1,4 Millionen Euro eingenommenen Spendengeldern mehr als 120 Projekte gefördert und durch unbürokratische Hilfe unterstützt.
Das Internetportal der Initiative bietet eine Plattform für Diskussion und Berichterstattung und listet außerdem zahlreiche Adressen und Hotlines zur Aufklärung sowie zur Opferhilfe auf. Auch für Leser/-innen, welche die Gründung eines Vereins gegen Rechtsextremismus in Erwägung ziehen, gibt es Tipps zur Förderung und Finanzierung von Projekten durch die Amadeu Antonio Stiftung. Das MUT-Portal vertieft darüber hinaus die Berichterstattung über die Gefahren des Rechtsextremismus tagesaktuell und klärt kontinuierlich über Neonazismus in Deutschland auf. 2008 entstand ebenfalls auf Betreiben von Ulrich Hauser die Initiative "Familien in Not". Sie unterstützt Familien in Deutschland, die durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod eines Ernährers in Bedrängnis geraten sind, und sucht Paten für die betroffenen Familien.

Waltraud Klingbeil – Zivilcourage im Dorf Insel
Waltraud Klingbeil ist 71 Jahre alt und lebt seit 40 Jahren im Dorf Insel, einem Ortsteil von Stendal. Als 2011 zwei ehemalige Sexualstraftäter nach der Entlassung aus der Sicherheitsverwahrung nach Insel zogen, formierte sich ein Protest der dort lebenden Bürger/-innen sowie die Bürgerinitiative "Resozialisierungs-Insel wider Willen". Auch Neonazis nahmen an den Protesten und Einschüchterungsversuchen teil. Waltraud Klingbeil trat der im Dorf entstehenden Pogromstimmung von Beginn an entgegen.
Sie suchte noch vor jeder äußeren Intervention den Kontakt zu den beiden Männern. Sie handelte dabei aufgrund ihrer eigenen Überzeugung, nicht als Vertreterin einer Partei oder anderer Interessengruppen. Trotz massiver Bedrohungen seitens einiger Dorfbewohner/-innen und eigens angereister Neonazis hielt sie ihren Standpunkt aufrecht. Ihr Verhalten ist ein herausragendes Beispiel aktiver Zivilcourage.

Malteser Migranten Medizin (MMM) am Marienhospital in Darmstadt
Die MMM setzt jede Woche ein Zeichen gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung. Immer mittwochs werden Menschen ohne Krankenversicherung behandelt, die in prekären Aufenthalts- oder Arbeitsverhältnissen leben. In der Regel sind die Patienten Migranten/-innen aus Osteuropa und der Westküste Afrikas. Aber auch Deutsche, bei denen die allgemeine Versicherungspflicht aus unterschiedlichen Gründen nicht greift, suchen Hilfe beim MMM-Programm.
Ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte sowie mehrere Helfer/-innen untersuchen und beraten in der MMM-Praxis Darmstadt durchschnittlich 15 Patienten/-innen. Praxisräume und Medizintechnik werden vom Marienhospital Darmstadt gestellt. Die medizinische Behandlung in der Praxis erfolgt durch zwei Fachärzte für Innere Medizin und Allgemeinmedizin. Obwohl die Mediziner/-innen bei der Behandlung auf die Infrastruktur des Marienhospitals zugreifen können, entsteht eine ausschließlich durch Spenden finanzierte Kostenbelastung. Malteser Migranten Medizin Darmstadt war 2008 Gewinner des lokalen Wettbewerbs "Gesicht zeigen".
MMM ist eine bundesweite Initiative des Malteser Hilfsdienstes. Die erste Anlaufstelle entstand 2001 in Berlin, mittlerweile finden Patienten/-innen in 12 Städten Hilfe. MMM konnte in den letzten zehn Jahren bundesweit in mehr als 70.000 Einzelfällen Menschen helfen und leistet damit einen wichtigen Beitrag für das interkulturelle Zusammenleben verschiedener Völker, setzt ein Zeichen gegen soziale Ausgrenzung und Armut und für ehrenamtliches Handeln. Dafür erhielt MMM auf Bundesebene bereits verschiedene Auszeichnungen, wie z.B. den Freiherr-vom-Stein-Preis für gesellschaftliche Innovation.

Ismail Öner - Projekt "MitternachtsSport Spandau"
Ismail Öner gründete 2007 das Projekt "MitternachtsSport Spandau". Er erreichte damit bislang 36.000 Jugendliche aus sozial schwachen Familien, die zu 80 Prozent einen Migrationshintergrund haben.
Unter der Schirmherrschaft des Star-Fußballers Jérôme Boateng öffnet das Projekt an jedem Freitagabend zwischen 21:30 und 3:00 Uhr in Spandauer Brennpunktkiezen die Türen öffentlicher Sporteinrichtungen und Sporthallen. Fußball ist Mittelpunkt der kostenlosen Sportangebote, die in jeder Nacht mehrere hundert Jugendliche von der Straße holen. Zum Mitmachen benötigen die Jugendlichen nichts weiter als Hallensportschuhe und eine Menge Sports- und Teamgeist.
Doch auch außerhalb der Trainingszeiten bietet der Verein eine Anlaufstelle für die Jugendlichen. Ismail Öner hält kontinuierlich Kontakt zu den Lehrern/-innen der Jugendlichen und vermittelt den jungen Menschen Praktikums- und Ausbildungsplätze. Die Jugendlichen nennen ihn auch "großen Bruder".
Wie wichtig Förderung und Unterstützung sind, weiß Ismail Öner aus eigener Erfahrung: Er wurde als sechstes Kind einer kurdischen Gastarbeiterfamilie 1978 in Berlin-Spandau geboren. Mehrfach rieten Lehrkräfte seinen Eltern, Ismail von der Regelschule zu nehmen. Dennoch schloss er das Abitur als einer der Jahrgangsbesten ab und studierte Sozialarbeit. Seine Abschlussarbeit dient seit ihrer Veröffentlichung 2005 vielen Studierenden als Semesterstoff in den Themenbereichen Jugend, Migration und Integration. Öner ist Gastdozent an der Evangelischen Fachhochschule Berlin für Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Seit 2011 ist Ismail Öner auch in der Bezirksverordnetenversammlung aktiv.
Die Bundesliga-Stiftung kürte das Projekt "MitternachtsSport Spandau" 2010 zum besten Jugendprojekt Berlins. Ende 2011 wurde der Verein und das Hauptprojekt als eines von drei weltweiten Sozialen Jugendprojekten für den Oscar des Sports, dem Laureus-Award, nominiert. Finanziert wird das Projekt von Bezirk und Senat. Für zwei Jahre fließen 77 000 Euro.
