02.12.2013
„MigFM“ – Jugendliche mit Migrationshintergrund machen Radio - Ein Projekt des Stadtjugendrings Aschaffenburg
Preisträger im Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz 2007"
Von Uli Kratz (Geschäftsführer Stadtjugendring Aschaffenburg KdöR)Als Deniz und Ufuk von der Alevitischen Jugendgruppe Aschaffenburg das erste mal das „Jugendradio Klangbrett" in der Pestalozzistraße 17 besuchten, waren sie skeptisch und hatten keine Vorstellung davon, was sie in den kommenden Stunden erwarten würde. Sie stießen über das Projekt „MigFM" zum Stadtjugendring Aschaffenburg (SJR) und wollten zunächst nur mal reinschauen. Doch bereits nach dem ersten Treffen waren sie voll dabei und die Ideen, über was man alles berichten kann, sprudelten nur so. Es entstand eine lebendige Radiosendung mit Live-Musik, interessanten Gesprächspartnern und informativen Beiträgen über den Alevitischen Glauben.
Doch was heißt „MigFM"? „Mig" steht für „Migration" und „FM" kommt aus der Radiosprache und bedeutet wortwörtlich „Frequenzmodulation". Ein Verfahren, das die Tonqualität beim UKW-Radio verbessert. Die US-Amerikaner begannen das Kürzel FM an die Namen von Radiosendern zu hängen - und weil es „cool" klingt, machen wir es genauso.
„MigFM" ist der Name des Migrationsprojekts vom Stadtjugendring Aschaffenburg und bedeutet unter anderem, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund aus Aschaffenburg Radio machen. Bereits im Jahr 2005 erkannte der Stadtjugendring den Bedarf, Jugendliche mit Migrationshintergrund in Aschaffenburg zu fördern, in bestehende Strukturen zu integrieren, sie aber auch darin zu unterstützen, eigene Strukturen aufzubauen. Aber wie kann man diese unterschiedlichen Ziele mit einem Projekt erreichen? Die Idee war, mit einem niedrigschwelligen Radioprojekt im Rahmen des bestehenden „Jugendradio Klangbrett", junge Migranten anzusprechen und für die Radioarbeit zu begeistern. Ihnen sollte durch das Radio ein Sprachrohr geboten werden, um auf Themen aufmerksam zu machen, die sie interessieren und gleichzeitig war es Ziel, das bestehende Radioteam von ca. 30 Jugendlichen mit ihren Potenzialen zu erweitern.
Die aktive Radioarbeit bietet hierfür viele Ansatzmöglichkeiten. Zum einen ist Radio ein Medium, das eine intensive Auseinandersetzung mit Sprache erfordert. Zum anderen fördert die aktive Radioarbeit die unterschiedlichsten Facetten von Medienkompetenz und trägt in hohem Maße dazu bei, Schlüsselkompetenzen wie Selbstorganisation, Verantwortungsbewusstsein oder Selbstvertrauen zu fördern. Neben dem Radioprojekt kommen weitere Lern- und Handlungsfelder hinzu. Ein Schwerpunkt wird auf die Sensibilisierung der Jugendverbände mittels integrativer Jugendfreizeiten und Seminaren zu Integrationsmaßnahmen gelegt. Daneben wird der Dialog unter den Migrantengruppen z.B. durch die Organisation eines Runden Tisches für Migrantenselbstorganisationen gefördert. In diesem Rahmen erfahren sie unter anderem, welche Unterstützungsmöglichkeiten es in Aschaffenburg für die Jugendarbeit gibt - vom Aufbau einer Jugendgruppe bis hin zur Mitgliedschaft im SJR.
Alle Ideen wurden in ein Konzept eingebunden und ein Förderantrag an den Bayerischen Jugendring (BJR) gestellt. Der positive Bescheid ließ nicht lange auf sich warten und Anfang 2006 wurde das Projekt „MigFM" gestartet.
Die Radioarbeit erwies sich in jeder Hinsicht als sehr positiv. Insbesondere der Aspekt der Sprachförderung übertraf all unsere Erwartungen. Es sollte hierbei nicht darum gehen, die Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu einem perfekten Deutsch zu „nötigen". Aber es wurde schlicht weg von ihnen selbst eingefordert. Die Tatsache, dass den Radiobeitrag jeder hören kann, ließ eine ungeahnte Eigenmotivation zu einer richtigen Satzstellung sowie korrekten Aussprache entstehen. Außerdem hat das Programm von Radio Klangbrett deutlich hinzugewonnen, da die Beiträge von „MigFM" in das Hauptprogramm einfließen. Themen aus sämtlichen Migrationsbereichen haben seit Projektbeginn Einzug gehalten. Dies bedeutet, dass einerseits alle Teammitglieder von Radio Klangbrett für Migrationsthemen sensibilisiert sind. Andererseits ist die junge Hörerschaft von Radio Klangbrett bestens informiert und erhält regelmäßig informative und jugendgerecht aufbereitete Beiträge über andere Länder, Kulturen oder Religionen. Im Rahmen von „MigFM" war es zudem möglich, Jugendgruppen von Migrantenselbstorganisationen für die Aufnahme und Mitarbeit im SJR zu motivieren. Zu ihnen gehören z.B. die „Deutsche Jugend in Europa" und die „DITIB-Jugendgruppe".
Über 150 junge Migrantinnen und Migranten haben inzwischen an Radioprojekten von „MigFM" teilgenommen. 12 Jugendliche mit Migrationshintergrund gehören zum Kernteam von Radio Klangbrett. Auch Deniz und Ufuk zählen dazu und finden es toll, dass sie ohne Vorkenntnisse heute in der Lage sind, eine richtige Radiosendung zu produzieren. Und das Gefühl, das Radio einzuschalten (natürlich müssen alle Familienmitglieder, Freunde und Bekannte auch das Radio einschalten) und die eigene Stimme zu hören, die über ein bedeutsames Thema spricht - darauf kann man wirklich stolz sein! Deniz war sogar so begeistert, dass er beschlossen hat Moderator zu werden. Das kann er jetzt bei Radio Klangbrett bestens trainieren.
