08.02.2009
Jung und Moslem in Deutschland – Eine Dokumentarvideoreihe mit und über junge Moslems
Preisträger im Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz 2007"
von Andreas von Hören (Geschäftsführer Medienprojekt Wuppertal e.V.)Über 3 Millionen Muslime leben in Deutschland, davon sind 570.000 Schüler/innen. Jugendliche der dritten Einwanderergeneration sind heute hin- und hergerissen zwischen der „deutschen" Kultur und der Kultur ihres Herkunftslandes (bzw. ihrer Eltern), zwischen Islam und Atheismus. Auf Grund des international zunehmenden (und in den Medien breit aufbereiteten) islamischen Fundamentalismus, sich radikalisierenden Islamisten und extremistischen Gruppen, die Terror und Gewalt für ihre Ziele einsetzen, sind auch in Deutschland beidseitiges Misstrauen und Feindseligkeit zwischen der deutschen und der eingewanderten Bevölkerung gewachsen. Vorbehalte und Vorurteile (nicht nur im rechtsradikalen Lager) bei der deutschen Bevölkerung verstärken eine Islamphobie, die den Umgang auch von Jugendlichen untereinander erschwert. Ein Dialog mit (insbesondere jungen) Muslimen ist deswegen notwendig.
Das Medienprojekt Wuppertal e.V. konzipiert und realisiert seit 1992 erfolgreich Modellprojekte aktiver Jugendvideoarbeit unter dem Motto „das bestmögliche Video für das größtmögliche Publikum". Innerhalb kurzer Zeit hat sich das „Medienprojekt" zur bundesweit größten und ambitioniertesten Jugendvideoproduktion entwickelt. Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14-28 Jahren werden bei ihren eigenen Videoproduktionen unterstützt, ihre Videos im Kino, in Schulen und Jugendeinrichtungen in Wuppertal präsentiert und als Bildungsmittel bundesweit vertrieben. Alle Projekte dienen der aktiven Medienerziehung und dem kreativen Ausdruck jugendlicher Ästhetiken, Meinungen und Lebensinhalte.
In dem Videoprojekt „Jung und Moslem in Deutschland" wurden in 2 Jahren 24 Videofilme von und über junge Muslime in Deutschland produziert. Inhalt der Doku-Reihe sind die islamische Religion aus junger Perspektive und die Bedeutung des Glaubens für junge in Deutschland lebende Muslime. Die Filmreihe wurde nach ihrer Veröffentlichung auf DVDs zusammen mit einer didaktischen Konzeption zum pädagogischen Einsatz in ganz Deutschland als Bildungsmittel für Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereine etc. vertrieben. Sie dient zur Aufklärung von muslimischen und nicht-muslimischen jungen Menschen über die muslimische Kultur.
Die pädagogische Leitidee des Projektes ist: Jugendliche klären am besten andere Jugendliche auf. Das Medium Video dient als Reflexions- und Kommunikationsmittel. Authentische Inhalte aus junger Perspektive werden mit einer professionellen Filmproduktion und -distribution verknüpft. Die dokumentarischen Videoprojekte sollen den Jugendlichen eine Möglichkeit zur breiten medialen Artikulation mittels selbstproduzierter Videos gegenüber anderen Jugendlichen geben (Peerinvolvement/ Peereducation). Die jungen FilmemacherInnen nutzen die Ihnen vermittelte Medienkompetenz und Publikationsmöglichkeit für ihr inhaltliches Interesse. Das Medium Video kann die für sie wichtige emotionale wie kognitive Ebene zum Thema verknüpfen und als Kommunikationsmittel anderen Jugendlichen präsentieren. So sind sie Filmemacher, Autoren, Interviewer und Interviewte zugleich und hierbei immer authentische Botschafter ihrer Message.
Jeder der jeweils 10 bis 30-minütigen Kurzfilme soll ein spezifisches Thema aufarbeiten. Im Mittelpunkt dieser Filme stehen authentische und differenzierte Interviews mit jungen Muslimen verschiedener Glaubensrichtungen, verschiedener nationaler und kultureller Herkunft und unterschiedlichen Geschlechts.
Themen waren unter anderem die Bedeutung des Glaubens für den Alltag, das Gebet und der Moscheegang, Religiöse Rituale und Feste wie Ramadan und Hochzeit, die Sexualität von Mädchen und Jungen, das Kopftuchtragen, das unterschiedliche Rollen- und Beziehungsverständnis, verschiedene muslimische Glaubensrichtungen (Sunniten, Schiiten, Aleviten), männliche und weibliche 3-Generationenportraits, die Religionsausübung in den Heimatländern, Moslems in der Schule und Universität, Diskriminierung, Islamphobie und Islamkritik von konvertierten ehemaligen Muslimen.
Die Filme wurden im Rahmen des Videomagazins "borderline" uraufgeführt und verbreitet. Am Ende beider Projektjahre wurden alle produzierten Filme in einer thematischen Veranstaltung lokal vor ca. 600 ZuschauerInnen uraufgeführt und von Machern und Publikum diskutiert. Durch den erfolgreichen Vertrieb der Filme auf 3 DVDs wurden bis heute mehrere zehntausend junge ZuschauerInnen und Multiplikatoren in ganz Deutschland erreicht. Das Ziel der Filmproduktionen, Reflexion, Information und Verständigung bei den aktiv und rezeptiv Beteiligten über das Leben und den Glauben von jungen Muslime zu fördern, haben wir erreicht.
Das Medienprojekt Wuppertal arbeitet auch nach dieser erfolgreichen Projektreihe weiter an interkulturellen, interreligiösen und Antidiskriminierungsthemen. Die Filmreihe „Jung und Moslem in Deutschland" kann über unsere Homepage bestellt werden.
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