06.08.2008

„Bunte Kurve“ Für Fußball - gegen Rassismus und Diskriminierung im Fußballstadion

Preisträger im Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz 2007"

Foto: "Bunte Kurve"Foto: "Bunte Kurve"
von Christopher Zenker
(Bunte Kurve)

Die „Bunte Kurve" ist eine Fußball-Faninitiative, die sich im Umfeld der Leipziger Vereine FC Sachsen und BSG Chemie gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzt - mit dem Ziel vor Augen, interkulturelle Brücken zu errichten und Vorurteile abzubauen.

Buntes Bewusstsein: Entstehung und Programmatik

Der Name ist Programm: Mit dem Slogan „Für Fußball - Gegen Rassismus und Diskriminierung" verschreibt sich die Initiative „Bunte Kurve" der Fanarbeit. Die Anonymität des Fanblocks bietet eine Plattform zur enthemmten Frustbewältigung: Rassismus und Antisemitismus, Homophobie und Sexismus sind typische Phänomene in Fußballstadien. Die „Bunte Kurve" hat sich zum Ziel gesetzt, diese zu bekämpfen und somit unseren Teil für eine offene und tolerante Gesellschaft beizutragen.

Anlass für eine institutionalisierte Initiative waren die rassistischen Anfeindungen gegen den Nigerianer „Ade" Ogungbure, einem ehemaligen Spieler des FC Sachsen Leipzig. Die im April 2006 gestartete Aktion „Wir sind Ade!" entwickelte sich zu einer deutschlandweit beachteten und in den Medien präsenten Solidaritätsbekundung. Im September 2007 ging aus dieser Aktion die Initiative „Bunte Kurve" hervor.

Bunte Ziele: Umfeld und Selbstverständnis

Die „Bunte Kurve" setzt sich aus etwa zehn Mitgliedern im Alter zwischen 18 und 35 Jahren zusammen. Wir sind tief verwurzelt im Leutzscher Fußball. Dementsprechend erstreckt sich unsere Fanarbeit vor allem auf den FC Sachsen und die BSG Chemie Leipzig. Dennoch haben wir den Anspruch, uns über unser Fansein hinaus, auf gesellschaftlicher Ebene, zu engagieren. Unser Selbstverständnis verorten wir im linksdemokratischen Spektrum: die Werte Toleranz, Vielfalt und Gleichberechtigung sind für uns bestimmend.

Wir betrachten das Stadion als Abbild der Gesellschaft. Rassistische und diskriminierende Parolen werden sicher nicht nur in Fankurven skandiert. Fußballstadien zählen aber zu den wenigen Orten, in denen Intoleranz, Hass und Gewalt ungestraft artikuliert werden können. Und das wollen wir ändern - und sind ständig auf der Suche nach Mitstreitern und Unterstützern!

Schwarz und weiß: „Wir sind Ade!" als Ausgangspunkt

Die Ursprünge der „Bunten Kurve" liegen in der Aktion „Wir sind Ade!". Der Nigerianer Adebowale „Ade" Ogungbure wurde in der Saison 2005/06 in vielen gegnerischen Stadien der NOFV-Oberliga Süd rassistisch beschimpft - sowohl von Fans als auch von Spielern. Als Reaktion starteten seine Mitspieler vom FC Sachsen Leipzig eine Solidaritätsbekundung. Sie ließen sich mit einem schwarz angemalten Gesicht ablichten, in ihrer Mitte Ade mit einem weißen Gesicht.

Fans des FC Sachsen griffen die Idee auf und initiierten unter dem Motto „Gesicht zeigen" das Internetportal www.wir-sind-ade.de, auf dem man mit Bild, Name und eigenem Spruch gegen Rassismus eintreten konnte. Die Aktion war ein voller Erfolg und fand deutschlandweit große Beachtung. Über 2000 Menschen nahmen an der Aktion teil - vom couragierten Bürger bis zur kompletten Mannschaft des FC St. Pauli.

Bunte Präsenz: Aktivitäten und Projekte

Unter den Mitgliedern der späteren „Bunten Kurve" erwuchs schnell die Einsicht, dass „Wir sind Ade!" keine einmalige Aktion bleiben durfte. Wir setzten uns das Ziel, regelmäßig und auch außerhalb unseres Vereins tätig zu werden, um noch mehr Menschen zu erreichen. So veranstalten wir seit 2006 jährlich das Integrative Fußballturnier „Football unites" im Leutzscher Alfred-Kunze-Sportpark. Als Teilnehmer werden Mannschaften angesprochen, die verschiedene kulturelle Hintergründe haben oder sich dem Prinzip der Multikulturalität verschreiben. Nicht der sportliche Erfolg, sondern die interkulturelle Verständigung steht dabei im Vordergrund.

Darüber hinaus umfasst das Engagement unserer Initiative die regelmäßige Teilnahme an der jährlichen FARE-Aktionswoche der UEFA. Auch auf Podiumsdiskussionen und Fankongressen sind wir als „Bunte Kurve" mit unserer Meinung präsent. Im Juli 2008 nahmen erstmals einige Mitglieder der „Bunten Kurve" an der antirassistischen Fußball-WM in Italien teil.

Bunte Zukunft: Kontinuität und Wandel

Die Abspaltung der BSG Chemie vom FC Sachsen Leipzig im Frühjahr 2008 hat auch für die „Bunte Kurve" Konsequenzen. Viele engagierte Fans haben sich vom FC Sachsen abgewendet. Dadurch droht die fankulturelle Basis für Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit zu erodieren. Gerade deshalb sind wir entschlossen, unsere Arbeit in beiden Vereinen fortzusetzen.

Zu unseren zukünftigen Projekten zählen nach wie vor die Ausrichtung des Integrativen Fußballturniers sowie die Präsenz zu den FARE-Aktionswochen. Außerdem wollen wir unsere Netzwerke weiter ausbauen. Zusätzliche Kontakte sollen sowohl innerhalb der Fanszene des FC Sachsen und der BSG Chemie als auch zu engagierten Anhängern und Faninitiativen anderer Vereine geknüpft werden. Mit unseren Aktionen möchten wir so viele Fans und Nicht-Fans wie möglich ansprechen - und sie für unsere Ziele begeistern.


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