18.01.2018
CIVIS Medienkonferenz 2018 in Berlin
„Das neue deutsche WIR: Ausbruch aus der Krise?“ lautete das Motto der diesjährigen CIVIS Medienkonferenz 2018.
Doch welches neue deutsche WIR ist eigentlich gemeint? Die Frage nach Identität in einer Gesellschaft der digitalen Transformation war das zentrale Thema auf der jährlichen Tagung der CIVIS-Medienstiftung am 11. Januar 2018 in der Berliner Akademie der Künste.
Verschiedene Gäste und Referent/-innen aus den Bereichen Politik, Wissenschaft und Medien beschäftigten sich mit der Frage, wie das gesellschaftliche Zusammenleben in der digitalen Zukunft funktionieren kann, entgegen der Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch extreme und rückwärtsgewandte Tendenzen. Michael Radix, Geschäftsführer der CIVIS-Medienstiftung, sieht die offene, liberale Gesellschaft in Gefahr, von Identitätsfragen gepalten zu werden.
Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradios und stellvertretender Vorsitzender des Kuratorium CIVIS-Medienstiftung, stellte in seiner Eröffnungsrede die These auf, dass es „derzeit kein charismatisches, mobilisierendes, politisches Angebot im demokratischen Spektrum gibt, das es mit den frivolen und den radikalen Flügeln aufnehmen kann“. Vielmehr beobachtet er einen Angriff der extremrechten Zivilgesellschaft, die ihr völkisch-sozialdarwinistisches Gedankengut lautstark in den öffentlichen Raum trägt. Aus diesem Grund plädiert er für eine aktive Auseinandersetzung mit den nationalen Identitätsangeboten der Neuen Rechten sowie für eine eigene identitätsstiftende politische Mobilisierung.
Die Krise der Mitte mache sich dahingehend bemerkbar, dass sich ganze Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen fühlen. Innerhalb solcher Gruppen wird sich vermehrt an die eigene ethnische Identität geklammert. In diesem Kontext analysiert Prof. Dr. Andreas Zick, Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) und Mitglied des Beirats des BfDT, dass 28% der ‚Mitte‘ der Gesellschaft Neurechte Einstellungsmuster besitzen. Er beobachtet die Entwicklung von neuen ideologischen Milieus mit Verbindungen weit in der ‚Mitte‘ und neuen Vernetzungsformen. Identitäten (Wir gegen Die) können in sozialen Vergleichsgesellschaften Konflikte erzeugen. Diese Konflikte werden vor allem in den sozialen Medien durch Abwertung und Entmenschlichung bestimmter Gruppen geschürt.
Wie lassen sich also Leitbilder in Zeiten von Populismus und Globalisierung entwickeln? Aydan Özoğuz, Staatsministerin für Migration und Integration und ebenfalls Mitglied des Beirats des BfDT, plädiert dafür, künftig ein Leitbild für die vielfältige und bunte deutsche Gesellschaft zu entwerfen. Auf die These der Revolution von rechts entgegnet sie, dass es antisemitistische, fremdenfeindliche oder homophobe Stimmen immer in Deutschland gegeben habe, jetzt seien sie nur lauter geworden. Konfliktforscher Prof. Dr. Zick verweist im Sinne des Habermas’schen Verfassungspatriotismus auf das Grundgesetz und die darin zugeschriebene Bedeutung der Menschenwürde als identitätsstiftendes Element.
Die Tagung rückte zudem die Rolle der Medien beim Erstarken des Rechtspopulismus in den Fokus. Mehrere renommierte Journalistinnen und Journalisten setzten sich im Diskurs selbstkritisch mit dieser Frage auseinander und plädierten für einen Entschleunigungsprozess im Medienbetrieb. Auch ein gewisser Nachhol- und Lernbedarf bei der Rekrutierung des eigenen Nachwuchses im Sinne einer vielfältigeren Widerspiegelung der Gesellschaft wurde thematisiert. Professor Dr. Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft der Universität Tübingen, wirbt in diesem Zusammenhang für die „Ideale des guten Journalismus“ und empfiehlt folglich verstärkt darzulegen, wie man zu Einschätzungen und Rechercheergebnisse gekommen sei.
Alle Vorträge und Diskussionen der Konferenz können auf der
