06.09.2017

4 Fragen an: Dr. Klaudia Tietze

Dr. Klaudia TietzeDr. Klaudia Tietze
Dr. Klaudia Tietze ist Geschäftsführerin des Mach meinen Kumpel nicht an! – für Gleichbehandlung, gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus e.V. und neues Beiratsmitglied des BfDT.

Welche Rolle spielt zivilgesellschaftliches Engagement in unserer Demokratie für Sie?

Das zivilgesellschaftliche Engagement spielt eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Ihre Rolle in der Demokratie ist hingegen schwach ausgeprägt. Zum einem organisieren sich vergleichsweise wenige Menschen in Vereinen, in denen demokratische Werte gelernt, umgesetzt und Ideen zur Gestaltung der Gesellschaft formuliert werden. Zum anderen haben zivilgesellschaftliche Organisationen keine greifbare Machtposition, um tatsächlichen Einfluss auf die Entscheidungen auf den vielen Ebenen der Exekutive und Legislative als Beraterinnen und Berater oder Lobbyorganisationen zu nehmen. Die Rolle der Zivilgesellschaft soll daher gestärkt werden, um das zivilgesellschaftliche Engagement in unserer Demokratie auszubauen und zu verstetigen.

Wie sind Sie persönlich mit den Themen Ehrenamt und der praktischen Demokratie- und Toleranzförderung in Berührung gekommen?

Als Hobby-Journalistin in unserer schulischen Zeitung beschäftigte ich mich oft mit dem Handeln der Lehrerinnen und Lehrer sowie der schulischen Verwaltung. Das war das erste Mal, dass ich mich ehrenamtlich für unsere kleine schulische Gemeinschaft einsetzte. Die Zeitung war auch ein Beispiel für eine praktische Demokratieförderung im Jugendbereich. Auch im außerschulischen Bereich nahm ich gerne an Maßnahmen zur Demokratieförderung teil. Das Formulieren der eigenen Standpunkte, das Debattieren, das Lernen des Respekts gegenüber anderen Meinungen und die Suche nach einer gemeinsamen Lösung bzw. die Ausarbeitung von Kompromissen machten mir sehr viel Spaß und legten die stabilen Fundamente meiner demokratischen Haltung.

Welche eigenen Erfahrungen können und möchten Sie in den Beirat des BfDT einbringen?

In die Beiratsarbeit möchte ich meine auf den vielfältigen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Erfahrungen basierende Expertise rund um Engagement für Vielfalt und gegen Diskriminierung einbringen. Dazu gehören unter anderem Bereiche wie Projektmanagement und Entwicklung von Maßnahmen bzw. Instrumenten zum Mobilisieren und Motivieren von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für das Engagement gegen Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus, insbesondere in der Arbeitswelt.

Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Tätigkeit als Mitglied im Beirat des BfDT?

Auf uns kommen schwierige Zeiten zu. Die Meinungsfreiheit wird immer häufiger missbraucht, um demokratiefeindliche Inhalte zu übermitteln oder für Lebensmodelle zu werben, die im Widerspruch zu den Errungenschaften einer freiheitlichen - demokratischen Grundordnung stehen. Auf der einen Seite erreichen wir die nächsten Stufen einer modernen Gesellschaft, um den Menschen ihre Individualität, Gleichbehandlung und Freiheit zu sichern, auf der anderen Seite zeigen wir viel zu viel Verständnis für ein Gedankengut und Gruppierungen, die sich gegen unsere Werte wie Vielfalt und Freiheit stellen. Als Vertreterin der Zivilgesellschaft werde ich mich stark dafür einsetzen, dass jegliche demokratie- und freiheitsfeindliche Entwicklungen nicht relativiert, sondern offensiv und selbstbewusst angegangen werden.